Die Geldwäscherei

Originaltitel: „The Landromat“ | Jahr: 2019 | Regie: Steven Soderbergh | Drehbuch: Scott Z. Burns | Satire | 95min

Was ist heute eigentlich links? Das ist für mich, eine immer schwerer zu beantwortende Frage. Als ich 20 Jahre alt war, war es das nicht. Für mich war es die einzig richtige politische Richtung, die Guten, die die das Land oder vielleicht sogar die Welt voran bringen würden. Heute bin ich viel verwirrter. Das liegt selbstverständlich auch am Alter[1], aber nicht nur daran, nicht nur ich, auch die Zeiten haben sich geändert. Früher war für mich klar, was ich richtig zu finden hatte und damit auch richtig fand, heute hinterfrage ich mehr, weil es gefühlt viel mehr zu hinterfragen gibt.

Eine Beobachtung. Ich bin mir nicht sicher, ob man einer Diversität von biologischen oder Faktoren der sozialen Herkunft, per se in ihrer Wichtigkeit über die Diversität von Argumenten stellen sollte. Während die Offenheit der erstgenannten Diversität glücklicherweise immer weiter zunimmt, scheint mir die zweite Form der Diversität nicht unbedingt in neue tolerante Höhen abzugleiten[2]. Als liberaler Geist[3] ist man etwas verschreckt darüber, dass es Menschen gibt, die für eine von mir als richtige und wichtige Sache empfundene Sache, Mittel der Überzeugung oder besser des Protests wählen, welche die Totalität des eigenen Weltentwurfs als unhintergehbare Motivation betrachten. Solche geistigen Versteifungen scheinen mir keinem Anliegen auf unserem Planten förderlich zu sein, aber ich schweife ab.

Tatsächlich als links empfand ich neulich Stephen Soderberghs 2019er Film „Die Geldwäscherei“ und ich möchte kurz erklären warum.

„Die Geldwäscherei“ ist eine Satire, die an der Aufdeckung der Panama Papers erinnert. Die Rechtsanwälte Jürgen Mossack (Gary Oldman) und Ramón Fonseca Mora (Antonio Banderas) haben in Panama eine Anwaltskanzlei, welche für gut begüterte Kunden den Service bietet, mit legalen Tricks Steuern zu vermeiden, indem man sein Geld in dubiosen Firmen in allerlei Steuerparadisen anlegt. Dieses System der Steuervermeidung macht im Regelfall reiche Leute erheblich reicher, während sie für den Rest der Welt allerlei Finanztransaktionen und Firmenverflechtungen bereithält. Opfer sind im Regelfall alle anderen Steuerzahler, die ihren Beitrag regulär leisten. Aber diese Form der Zahlungsvermeidung trifft auch Menschen, die sich im Glauben befanden, den legalen Boden des Rechts noch unter sich zu haben, wobei so ein Boden schnell wegbrechen kann, wie bei Ellen Martin (Meryl Streep).
Sie unternimmt mit ihrem Mann Joseph (David Cromwell) eine kleine Bootspartie, die in einer Katastrophe endet und bei der ihr Mann verstirbt. Neben all der Trauer versucht Ellen, ihr Leben in emotional und finanziell stabile Bahnen zu leiten. Das Bootsunternehmen ist für solche Fälle versichert und möchte eine Kompensation für das Leid anbieten.[4] Ungünstigerweise hat der Manager des regionalen Bootanbieters (David Schwimmer) seine Versicherungssumme in Unternehmen angelegt, die ihn niedrigere Beiträge versprochen haben, tatsächlich jetzt aber nicht zahlen. Diese Unternehmen sind global so verstrickt, dass schon bald unklar wird, wer hier eigentlich noch verantwortlich ist. Ellen, eines neuen Lebensziels bereichert, beginnt nachzuforschen, wer hinter all diesen unternehmerischen Geflechten steht.

Kommen wir als erstes zur Frage, warum ich Soderberghs Film für einen genuin linken Film halte (und was mir daran so gefällt). „Die Geldwäscherei“ thematisiert eine Ungerechtigkeit auf unserer Welt, die dazu führt, dass wohlhabende Menschen (aus aller Welt) Möglichkeiten haben, ihr Geld am Staat (und der Allgemeinheit) vorbei zu schleusen. Dieses Geld könnte für nützliche Dinge verwendet werden, statt in die Taschen von Menschen zu fließen, die vermeintlich schon jetzt über überdurchschnittliche Einkommensverhältnisse verfügen. Diese Ungerechtigkeiten aufzudecken und auch die im Film gemachte Kritik, an die eigene Adresse zu richten, halte ich für eine große Stärke (tatsächlich ist der Film sehr USA-kritisch, denn auch unter den 50 Bundesstaaten der USA haben sich einige als Steuerparadise etabliert)[5]. Das Meryl Streep dabei ganz am Ende des Filmes aus ihrer Rolle hinausschlüpft und als prominente Person sich für ein strikteres Wahlkampfspendengesetz in den USA einsetzt ist zwar etwas aktivistisch, aber ich finde das nicht unsympathisch, auch wenn es aus dem Film im Grunde einen 90minütigen Werbespott für ein politisches Anliegen macht.

Und damit kommen wir zu Bewertung von „Die Geldwäscherei“ als Film und der muss gemischt ausfallen. Denn trotz seines aufklärerischen Motivs, der ein oder anderen humorigen Szene und einer sehr guten Meryl Streep, gibt es doch einige Unzulänglichkeiten, die benannt werden müssen. Da ist zum einen die Story des Filmes, die sich hinter zahlreichen Geschichten, wie Geldwäsche funktioniert  versteckt und gerade gegen Ende etwas mau wirkt. Da sind die satirischen Beiträge von Mossack und Fonseca, aber während ich Fonseca mit Banderas gut besetzt finde, ist Oldman für eine Rolle eines deutschen Buchhalteranwalts irgendwie verschwendet. Das liegt schon in seinem Nachstellen eines deutschen Akzents, das ist wirklich gut gemacht, aber ein Deutscher hätte das natürlicher hinbekommen.[6] Und letztendlich kann man auch kritisieren, was ich im letzten Absatz noch aus persönlicher politischer Tradition gut gefunden habe. Macht es einen Film stärker, wenn er final ein Aktionsprogramm ausrollt, oder ist es nicht vielleicht doch besser, dass ein Film ein Anliegen darstellt und den Zuschauer entscheiden lässt, was er davon halten soll?

[1] Ich möchte nicht sagen das mit zunehmenden Lebensalter Konservatismus bei jeden von uns mehr Besitz ergreift, aber eine gewisse Relativierung der eigenen jugendlichen Weltsicht aufgrund des Sammelns von Erfahrungen, Ansichten und neuen Ideen ist sicherlich nicht verkehrt.

[2] Allgemein wird heute gern über den Verfall der Meinungsfreiheit gestritten, aber ich bin mir da gar nicht so sicher. Eine öffentliche Meinung und deren legitimatorischen Grenzen waren immer dem Zeitgeist unterlegen, nur dass dies heute durch soziale Medien viel dynamischer, kämpferischer und rigoroser ausgefochten wird.

[3] Mir wurde mal das Kompliment gemacht ich sei ein liberaler Geist und ich gebe zu, dass hat mich sehr gefreut.

[4] Mir scheint das Konzept, finanzielle Kompensationen für biologische Schäden zu erhalten immer noch etwas suspekt, aber irgendwie doch nachvollziehbar, auch wenn es irgendwo auf der finanziellen Bewertung eines Lebens beruht.

[5] Tatsächlich geht der Film hier noch weiter, denn er zeichnet das Bild des chinesischen Steuervermeidungs-Antikorruptionskampfes brutaler, aber auch wirkungsvoller als das amerikanische Bild. Das ist aber eigentlich gut gemacht, denn es kritisiert auch die Polizeigewalt in China, gerade im Umgang mit andersdenkenden Menschen.

[6] Christoph Waltz hätte ich hier fantastisch gefunden.

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