Wolf Haas – Eigentum

Erschien 2023 bei Hanser mit 158 Seiten

Dieses Jahr versuchte ich, wie schon in den letzten Jahren, mit meiner Nichte im Park von Frankfurt Soßenheim, den grundgütigen Weihnachtsmann zu finden. Als wir seine Spur wir fast hatten, erklang das Weihnachtsglöckchen, was meine Nichte jedoch gefühlte Ewigkeiten nicht hörte und welches die Bescherung ankündigte, was wiederum besagte Nichte (als sie das Glöckchen endlich hörte) dazu brachte unter Hochdruck nach Hause zu laufen und ich flitzte hinterher. Es war jener Zeitgenosse im roten Mantel, den wir wieder nicht wirklich zu Gesicht bekamen, der aber am heiligen Abend, in kluger Zusammenarbeit mit dem Christkind (und unter Zuhilfenahme von Cola-Getränken) Geschenke verteilte und der mir das neueste Büchlein von Wolf Haas unter den Weihnachtsbaum legte.

„Eigentum“ ist kein neuer Brenner-Krimi von Wolf Haas, sondern ist, wie beispielsweise „Junger Mann“ ein autofiktionaler Text des Österreichers aus Maria Alm am Steinernen Meer. Wir erleben einen Erzähler, der natürlich Wolf Haas heißt, welcher wiederum die letzten Tage seiner Mutter auf Erden dazu nutzen möchte, genau über jene Mutter zu schreiben, obwohl er eigentlich eine Poetik-Vorlesung vorbereiten müsste.
Marianne Haas war kein sonderlich herzensguter Mensch und bei den Nachbarn eher unbeliebt. Ihr Leben war geprägt von Arbeit und dem Wunsch nach Wohneigentum, der sich aber durch fehlende Steigerung des Realeinkommens nicht einlösen ließ. „Wolf Haas – Eigentum“ weiterlesen

Wolf Haas – Müll

Erschien 2022 bei Hoffmann und Campe mit 288 Seiten

Wie ich so über den Mozartplatz in Salzburg schlendere, sehe ich ein Plakat mit einem schwarzen Müllbeutel auf weißem Hintergrund, „moderne Kunst“ meinte ich zu insinuieren (schließlich ist Salzburg eine Kunst- und Kulturstadt und hier muss man so etwas allerorten erwarten können), da aber klarten sich meine, von einer gewissen biologischen Alterung geplagten, Augen und ich las: Wolf Haas Müll, in gelben Lettern auf den Müllbeutel gedruckt. Augenscheinlich gab Wolf Haas eine Lesung und mit einiger, nicht nur visueller, Betrübnis musste ich jedoch feststellen, dass diese erst weit nach meiner geplanten Abreise aus der Stadt stattfinden sollte. Aber trotzdem gut, denn mir war bis zu jenem Moment nicht klar, dass ich einen neuen Roman von Wolf Haas erwarten konnte, der im Übrigen im Bundesland Salzburg das Licht der Welt erblickte, im wunderschönen Maria Alm am Steinernen Meer.[1]

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Wolf Haas – Junger Mann

Im nun auch meteorologisch durchbrechenden Sommer sind Bücher die in eben dieser gerade stattfindenden Jahreszeit handeln, mit besonderem Genuss zu lesen, ob nun auf Wiesen, in Bädern, Bänken oder sonst wo. Wolf Haas 2018 erschienener und wohl autobiographisch geprägter Roman „Junger Mann“ entführt uns in den Sommer 1974 in eine Gegend des Salzburger Landes, die von der Landeshauptstadt durch einen größeren Zipfle Deutschland getrennt wird, den man das deutsche Eck nennt (es handelt sich um die Gegend um Berchtesgaden). Der hier beschriebene junge Mann ist mit 12 Jahren in der Pubertät angekommen und hat einen Sommerjob an der lokalen Tankstelle angenommen, als er zwei elementare Dinge in seinem Leben feststellt; erstens ist er zu dick und muss dringend abnehmen und zweitens hat er sich gerade zum ersten mal verliebt, allerdings in die Elsa, der Freundin von Tscho. Dieses junge Pärchen ist schon in den 20ern und während der Tscho als Fernfahrer immer mal wieder nach Teheran aufbrechen muss, bleibt die Elsa zu haus und freundet sich mit dem namenlosen jungen Mann (gleichzeitig der Ich-Erzähler des Romanes) an. „Wolf Haas – Junger Mann“ weiterlesen

Wolf Haas – Brennerova

Jetzt habe ich mich über den neuen Brenner Roman gemacht. Die Krimis von Wolf Haas sind meiner Meinung nach ideal für den Sommer geeignet. Wunderbar fließend zu lesen, sehr amüsant und durchaus auch etwas hintergründig. Diesmal ist der Brenner, der immerhin 19 Jahre im Polizeidienst war und nun schon seit Jahren sich irgendwie durchschlägt, in Frauengeschichten (Achtung: Mehrzahl!) verwickelt. Da ist zum einem die Begegnung mit der Herta, seiner Ex-Freundin, die fast zu einem Unfall führt, aber dadurch auch dazu, dass sich beide wieder näher kommen. Und da ist die Nadeshda, die der Brenner über das Internet kennengelernt hat und die wiederum um ihre Schwester Serafina fürchtet, weshalb sie den Brenner um dessen detektivische Mitarbeit bittet, was ihn aber in die Wiener Unterwelt führt, in die Welt der Zuhälter und Tätowierer. Doch nicht nur dort muss sich der Brenner aufhalten, im Zeitalter der Globalisierung und des Internets führt es ihn auch aus Wien heraus in die weite Welt. „Wolf Haas – Brennerova“ weiterlesen

Das ewige Leben

Jetzt ist es schon wieder passiert. Ich habe mir tatsächlich wieder einen Film angeschaut, den ich als Buch schon kannte. Die mittlerweile vierte Verfilmung der von mir verehrten Brenner-Krimi Reihe ist in den Kinos. Das Trio Haas (Autor der Brenner Krimis), Murnberger (Regisseur) und Hader (Hauptdarsteller) haben sich zusammengesetzt und den wirklich wunderbaren Roman „Das ewige Leben“ in eine filmische Form gegossen. „Das ewige Leben“ weiterlesen

Wolf Haas – Ausgebremst. Der Roman zur Formel 1

Ich bin kein Auto-Narr. Aber ich schaue ab und an mal Formel 1. Früher mehr, heute weniger (liegt das am Alter?). Meine Aufmerksamkeit begann mit dem Einstieg von RTL in die Rennserie in den frühen 90ern, und mit dem bald darauf einsteigenden Michael Schuhmacher ins rasante Kreisel-Drehen. Ein erstes einschneidendes Erlebnis, dass mir in Erinnerung bleib, war dann die Jugendherbergsfahrt unserer Klasse 9-4 im Jahre 94 nach Oberstdorf. Ich erinnere mich im Grunde an fast gar nichts mehr, außer daran, dass ich in den Schlagzeilen der Bild-Zeitung (nicht gekauft, nur kurz überflogen) erfuhr, dass Rubens Barrichello einen schweren Unfall beim Training für das Rennen in Imola hatte. Als wir am nächsten Tag, einen Samstag, nach Hause fuhren und den Bus bestiegen, erfuhren wir (also wir Jungs, ich kann mich nicht an ein Mädchen in unserer Klasse erinnern, die auch nur irgendein Interesse an Sport hatte), das es sogar einen Toten gab. Logischerweise dachten wir, dass Barichello an den Unfallfolgen verstarb, doch es war der jungen Österreicher Ratzenberger der beim Training einen noch schwereren Crash hatte, so dass er noch auf der Strecke für Tod erklärt wurde. Tags darauf war das Rennen, was ich auch nicht sah, wegen eines Fords. Meine Eltern hatten in den Tagen meiner Abwesenheit in Bayern, einen Neuwagen erworben und dieser wurde einer Einweihungsfahrt unterzogen. Ich bin mir nicht sicher, aber es muss in Höhe des Albertplatzes gewesen sein, als wir im Autoradio vom schlimmen Unfall Aryton Sennas hörten. Auch der dreimalige Weltmeister erlebte das Ende des Sonntages nicht mehr. Zwei Tote und ein Schwerverletzter waren das schlimmste Wochenende der Formel 1 Geschichte und meine erste Erinnerung an ein komplettes Rennwochenende. „Wolf Haas – Ausgebremst. Der Roman zur Formel 1“ weiterlesen

Wolf Haas – Verteidigung der Missionarsstellung

Wolf Haas neuer Roman „Verteidigung der Missionarsstellung“ könnte eine kluge Aufarbeitung menschlicher Erotik sein, so meint man nach kurzem Studium des Titels zu meinen. Tatsächlich findet man inhaltlich einen Roman über die Liebe, allerdings nicht wirklich über körperliche Spielarten dieser, sondern eher über einen Mann, der sich zu besonderen weltgeschichtlichen Ereignissen verliebt.
Benjamin Lee Baumgartner ist ein Mann, der sich gern in Zeiten schwerer Seuchen verliebt. 1988 grassiert BSE in England, doch er kauft sich als Vegetarier ein Fleischprodukt, weil ihm die Kioskverkäuferin so gut gefällt und er sie unbedingt kennenlernen möchte. 2006 kommt es zur Vogelgrippe und wieder verliebt sich Baumgartner, diesmal aber in China in einem Restaurant, in welchem er Hühnchen bestellt und 2009 folgt die Schweinegrippe, natürlich ist Baumgartner vor Ort. „Wolf Haas – Verteidigung der Missionarsstellung“ weiterlesen