Javier Marías – Berta Isla

Erschien 2017 im spanischen Original | deutsche Übersetzung von Susanne Lange 2019 bei S.Fischer | 656 Seiten

Unter den zahlreichen Toten des Jahres 2022 waren traurigerweise auch Persönlichkeiten zu beklagen, deren Werk und Schaffen ein großer Gewinn für unsere Welt war. In dieser Aufzählung ist klar der spanische Autor Javier Marías zu nennen, der im Herbst des letzten Jahres verstarb, viel zu früh und nur wenige Tage vor seinem 71. Geburtstag. Im wundervollen FAZ-Bücherpodcast mit Paul Ingendaay[1], der sich eigentlich der Frankfurter Buchmesse und dem letztjährigen Gastland Spanien widmete, waren einige Minuten dem großen Madrilenen gewidmet, von dessen Romanen ich eine ganze Weile schwer begeistert war und der eher unabsichtlich in den letzten Jahren etwas aus meinem Blickfeld herausgetreten ist. Sein Ableben veranlasste mich, einer gewissen Logik des Büchermarkts und seiner Konsumenten folgend, ein Werk von ihm zu lesen und da besonders seine beiden neusten und leider auch letzten Romane prominent an manchmal dafür sogar hergerichteten Büchertischen vertreten waren, viel meine Wahl auf „Berta Isla“ ein Roman, der schon mit seinem wunderschönen Cover anspricht.

An dieser Stelle über den Inhalt des Romans zu schreiben ist nicht unproblematisch, denn Javier Marías Bücher bestechen im Regelfall nicht mit einem Handlungsfeuerwerk, was keinesfalls als Kritik zu lesen ist. Ihre Qualität erreichen seine Texte mit dem Ausleuchten der Situationen ihrer Figuren. Diese durchleben daher erst im Laufe der Handlung die ein oder andere Wendung und ich befürchte dem noch nicht mit dem Text vertrauten Leser zu viel zu verraten, so wie der Klappentext meiner Ausgabe, der tatsächlich die erste Hälfte des Buches zusammenfasst.[2] Allerdings wäre es sehr schade nur verkürzt über den Roman sprechen zu können, weshalb an dieser Stelle eine SPOILER-Warnung steht.[3]

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Javier Marías – Alle Seelen

„Alle Seelen“ ist zu den früheren Werken von Javier Marías zu zählen. Da ich schon eine Weile nichts mehr vom Madrilenen gelesen hatte und mich irgendwie nicht an das Opus Magnum „Dein Gesicht morgen“ traue (weil ganz schön lang) habe ich mir eben einen etwas älteren und auch kürzeren Roman besorgt. Dieser wurde 1989 veröffentlicht und handelt von einem spanischen Dozenten, der zwei Jahre lang in Oxford an der Universität arbeitet. In dieser Zeit, die ihm verwirrend und unklar vorkommt, in der er nicht sein eigentliches Leben zu leben scheint, lernt er einige neue Menschen kennen, die aber allessamt nach jenen zwei Jahren aus seinem Leben entschwinden. So wie Cromer-Blake, sein Kollege und Freund vom Department für spanische Literatur oder Rylands, die graue Eminenz der Literaturwissenschaften in Oxford. Nicht zu vergessen Claire Baynes, selbst Dozentin, die zur Geliebten des namenlosen Ich-Erzählers wird und das obwohl sie einen Mann und einen Sohn hat. „Javier Marías – Alle Seelen“ weiterlesen

Javier Marías – Die sterblich Verliebten

Da von Zeit zu Zeit ein Roman von Javier Marías sehr anregend wirken kann, war im sich fortsetzenden Frühjahr sein letzter Kassenschlager „Die sterblich Verliebten“ dran, aus dem Regal gezogen zu werden (wo das Buch schon seit dem Herbst lag).
Der Leser begleitet Maria Dolz, eine Verlagslektorin in der Mitte ihrer 30er Jahre, die jeden Tag im selben Cafe ihr Frühstück einnimmt. Dabei beobachtet sie Tag ein, Tag aus, ein verheiratetes Paar, welches der gleichen Routine nachgeht. Obwohl man nie miteinander spricht, nicht mal grüßt, kennt man sich vom Sehen. Bis das Paar nicht mehr kommt und Maria erfährt, dass der Mann einem Mord zum Opfer gefallen ist. Noch einmal sieht Maria die jetzt in Trauer lebende Witwe, und erfährt deren Namen, Luisa. Diese lädt sie zum Abendessen ein, wo Maria den guten Freund der Familie Javier Diaz-Varela kennenlernt. „Javier Marías – Die sterblich Verliebten“ weiterlesen

Javier Marias – Während die Frauen schliefen

„Während die Frauen schlafen“ ist eine Sammlung von neun Kurzgeschichten des Spaniers Javier Marías, zumeist Ende der 1980er geschrieben. Der Titel ist dabei nach der ersten Geschichte benannt, kann aber nicht wirklich thematisch für das gesamte Buch gelten, so sind die Haupthelden der Geschichten allesamt Männer. Wie bei der Aufreihung von mehreren Stücken nicht anders zu erwarten, sind einige von ihnen von außerordentlich hohem Lesevergnügen, während man sich durch andere Geschichten eher ein wenig durchquält (wobei dies so, wirklich nur für Eine, und zwar die letzte Geschichte gilt). „Javier Marias – Während die Frauen schliefen“ weiterlesen

Javier Marías – Alle unsere frühen Schlachten

Es gibt eigentlich nur wenig Gründe für mich, ein Fußballbuch eines Real Madrid Fans zu lesen. Dafür mag ich viel zu sehr Reals Erzfeind Barça und was noch mehr wiegt, ich hasse Real (im Regelfall bedingt das Eine das Andere). So ist dies nun mal als Fußballfan. Fußball zu schauen macht nur Freude, wenn man nach Gut und Böse aufteilt. Nun liegt mir aber doch Javier Marías „Alle unsere frühen Schlachten“ vor, ein Buch eines leidenschaftlichen Real Fans mit 34 kurzen Geschichten zum Thema Fußball. Das ich das Bändchen lese, hat mehrere Gründe, die summiert die Lektüre sehr lohnenswert erscheinen lassen. Da ist zum einen der wesentliche Fakt, das Marias sicherlich zu den besten Schriftstellern unserer Tage gehört und ich die Art seines Schreibens für sehr, sehr lesbar halte. Zum Anderen ist da die Tatsache, dass Real dieses Jahr nichts (oder anders formuliert: NULL TITEL; nada) gewonnen hat, was meinen Hass durch eine Prise Mitleid mildert. Und letztendlich ist so viel, was man im Fernsehen über Fußball sehen kann, oder was in Zeitungen, dem Netz oder Büchern geschrieben steht, ein solch oberflächiger Mist, dass ich mir gern mal etwas anschauen möchte, von dem man eine gewisse Reflexion erwarten kann. „Javier Marías – Alle unsere frühen Schlachten“ weiterlesen