T.C. Boyle – Talk Talk

Erschien im amerikanischen Original 2006 bei Viking | deutsche Übersetzung von Dirk von Gunsteren hier vorliegend als dtv Taschenbuch von 464 Seiten

So ziemlich genau vor einem halben Jahr (und in einem halben Jahr) war die Vorweihnachtszeit, und solche Jahreszeiten ermuntern das konsumfreudige Gemüt fast noch ein kleines bisschen mehr, die hart verdienten Groschen vom eigenen Konto in den wirtschaftlichen Kreislauf zurückzuführen. In jenen Tagen sah ich im „Zweitbuch“ Wiesbaden zwei Romane von T.C. Boyle. Während Roman eins, eine aktuelle Ausgabe des amerikanischen Meisters, über den Umweg Weihnachtsgabe in mein Bücherregal fand (und sich auch auf diesem Blog schon findet), war Roman zwei quasi eine Tsondoku-Inspiration, die sich aus der Motivation speiste, dass ich irgendwann einmal alle T.C. Boyle-Romane in meinem Bücherregal begrüßen möchte.[1]

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Benjamin Labatut – Maniac

Erschien 2023 im englischen Original „The Maniac“ bei Penguin Press | deutsche Übersetzung von Thomas Brovot als hier vorliegendes Taschenbuch 2024 bei Suhrkamp mit 397 Seiten

Man kann noch nicht sagen, wohin uns die Entwicklung tragen wird. Werden wir in 20 Jahren alle nur noch vor Geräten sitzen und mit einer Künstlichen Intelligenz interagieren? Wird unsere direkte Sozialität untereinander verschwinden, weil es viel angenehmer, weniger störend und befriedigender sein wird, nur noch mit einer KI zu sprechen, die uns kennt und genau weiß, wie sie eine Kommunikation mit uns zu führen hat?
Oder wird es KI in 20 Jahren nicht mehr geben, weil sie uns als Menschheit stört, nicht hilft oder alles viel komplizierter macht? Das sind sicherlich extreme Pole einer Zukunft, von der wir heute vielleicht nur ahnen können, wie dynamisch sie sein wird. „Benjamin Labatut – Maniac“ weiterlesen

Alexander Osang – Die Leben der Elena Silber

Erschien 2019 bei S.Fischer | hier als Fischer Taschenbuch mit 624 Seiten

Ich habe soeben bemerkt, dass auf diesem bescheidenen Blog keine Möglichkeit vorhanden ist, nach Familienromanen zu suchen, was die Begrenztheit der hier vorliegenden Nullen und Einsen objektiv gut sichtbar macht. Bei Familienromanen fallen mir zumeist nur amerikanische Autoren ein, allen voran natürlich Jonathan Franzen. Meine Freude war daher groß, als ich im Zuge des vergnüglichen Drangs der Abarbeitung eigener Leselisten, auf die sich besonders Autoren drängen, von denen ich meine, viel von ihnen lesen zu wollen, einen Familienroman von Alexander Osang fand. Ich muss Ihnen – geneigter Leser – nicht nochmal erklären, dass Osang seit einiger Zeit zu meinen Lieblingsautoren gehört, nicht nur, weil er brillant und humorvoll schreibt, sondern weil mir seine Erzählperspektive – qua gemeinsamer Herkunft – sehr gefällt. In seinem (5.) Roman porträtiert er ein ganzes Jahrhundert zwischen Deutschland und Russland. „Alexander Osang – Die Leben der Elena Silber“ weiterlesen

Peter Stamm – In einer dunkelblauen Stunde

Erschien 2023 bei S.Fischer mit 254 Seiten

Wie schon vor langer Zeit an dieser Stelle erwähnt, hörte ich das erste Mal in meinem Leben von Peter Stamm bei einer Lesung. Das ist Jahre her, aber im letzten Herbst hatte ich die Möglichkeit Stamm nochmals in Dresden anzuhören, als er zwei neue Kurzgeschichten anlässlich des Literaturfestivals in der Stadt vorlas. Da wurde mir klar, dass ich einen weiteren Roman von ihm gern auf meiner Leseliste sehen würde und entschied mich für „In einer dunkelblauen Stunde“. „Peter Stamm – In einer dunkelblauen Stunde“ weiterlesen

Alice Munro – Die Jupitermonde

Erschien 1982 im amerikanischen Original als „The Moons of Jupiter“ bei Macmillan of Canada | hier in der deutschen Übersetzung von Heidi Zernig 2016 bei Fischer Taschenbuch mit 318 Seiten

Ich dachte neulich über Listen nach und ob Alice Munro in eine persönliche Top 10 meiner Lieblingsautoren gehören würde. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass dies der Fall ist. Wie es sich für solche ausgezeichneten Autoren gehört, möchte ich so viel von ihnen lesen, wie es geht. Das wird bei Munro eine reichhaltige Aufgabe, den von der kanadischen Nobelpreisträgerin liegen 14 Erzählbände vor! „Die Jupitermonde“ ist chronologisch gesehen, ihre fünfte herausgegebene Sammlung von Kurzgeschichten und erschien im Original 1982, ist aber die Sammlung, die ihre Bekanntheit maßgeblich förderte, wenn man Wikipedia glauben darf. „Alice Munro – Die Jupitermonde“ weiterlesen

Javier Marías – Tomas Nevinson

Erschien 2021 unter diesem Titel im spanischen Original | deutsche Übersetzung von Susanne Lange 2022 bei S. Fischer veröffentlicht, hier in der Taschenbuchausgabe mit 736 Seiten

Viele Erinnerungen im Leben sind aus längst vergangenen Zeiten, deren Historie näher erscheint als sie war. Wir denken an Sachen zurück und überlegen, wann das war, rechnen nach und bemerken mit Überraschung, der manchmal eine Note Bitterness anhaftet, dass dieses Ereignis jetzt schon so viele Jahre zurück liegt. Manchmal ist aber das Gegenteil der Fall.
Als ich Javier Marías Roman „Berta Isla“ lass, war ich überzeugt davon, ganz schnell mit „Tomás Nevinson“ weiterlesen zu müssen, da mir dieser Roman von Javier Marías, als Weiterführung der Geschichte von Berta und Tomas erschien. Tatsächlich vergingen „nur“ zwei Jahre, die mir wie fünf vorkamen, als ich in diesen Februar, endlich zu „Tomas Nevinson“, dem leider letzten veröffentlichten Text, des großen spanischen Romanciers Marias gegriffen habe. Ich war mir ziemlich sicher, dass wir die Liebes- und Lebensgeschichte von Berta Isla nun gespiegelt bekommen, aus der Perspektive ihres Mannes.
Doch Marias bemerkt selbst, dass Tómas Nevinson nicht wirklich eine Fortsetzung ist“, sondern dass beide Geschichten ein „Paar“ bilden. Anders formuliert könnte man sagen, dass sich der gleiche Kontext einer Erzählung, als Hintergrund des Titelhelden dient, aber es sich eigentlich um ein anderes Sujet handelt. „Berta Isla“ ist ein Roman über die große, einzigartige Liebe, das Warten, den Verlust und das unabhängige Einrichten im Leben. „Tómas Nevinson“ hingegen ist kein Roman über die Liebe (denn sie spielt nur am Rande eine Rolle, ist eher ein Fundament, oder vielleicht nur eine Hoffnung), sondern ein Agententhriller, der über die alte Geheimdienstfrage, die sich schon James Bond stellte, nachdenkt; Leben lassen, oder lieber abmurksen. „Javier Marías – Tomas Nevinson“ weiterlesen

Vicente Blasco Ibáñez – Die Scholle

Erschien 1898 im spanischen Original als „La barraca“ | in deutscher Übersetzung von Otto Albrecht und Elisabeth van Bebber bei Rowohlt Taschenbuch 1989 mit 224 Seiten erschienen

Vor gar nicht so langer Zeit las ich ein Buch zur Kulturgeschichte der Valencianischen Gemeinschaft. Da ich das Buch so mittelmäßig (eigentlich muss ich spezifizieren, größtenteils richtig schlecht) fand, möchte ich den Namen des Autors und den Titel an dieser Stelle gar nicht nennen. Was aber aus diesen Seiten hängen blieb war, dass ich mich selbst mehr mit der Geschichte Valencias beschäftigen müsste. Eine der wichtigsten Figuren der Literatur der iberischen Levante ist dabei Vicente Blasco Ibáñez, eine sehr schillernde Gestalt der spanischen Gesellschaft des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts (welcher am Ende der Strandpromenade Valencias, auch ein kleines Museum in seinem ehemaligen Wohnhaus gewidmet ist). Blasco Ibáñez war nicht nur Schriftsteller und Zeitungsherausgeber, er saß auch im spanischen Gefängnis und im Parlament (nicht zeitgleich), gründete eine Kolonie in Argentinien und verkaufte sehr erfolgreich Drehbücher nach Hollywood. „Vicente Blasco Ibáñez – Die Scholle“ weiterlesen

T.C. Boyle – Blue Skies

Erschien 2003 im englischen Original gleichen Titels | in deutscher Übersetzung von Dirk van Gunsteren 2023 bei Hanser mit 400 Seiten

Als ich im November mal wieder in meinem liebsten Buchladen Hessens in Wiesbaden stöberte, waren Vermittler des Weihnachtsmannes mit mir und es ergab sich, dass ich T.C. Boyles neuesten Roman zum Zweitbuch-Preis erspähte und ich den Helfern des Weihnachtsmanns vermitteln konnte, dieses Buch wäre für meinen Platz unterm Christbaum gerade richtig.

Ich stellte diesen Wunsch an die höchste Instanz, die Geschenke in diesem Erdteil haben, weil ich a; ein großer Freund der Literatur Boyles bin und b; mir der Roman „Blue Skies“ in einem Podcast meiner Wahl kurz lobend unterkam. Er wurde dort im Zusammenhang mit Literatur über den Klimawandel angeteasert. So groß auch das kurze Lob im Podcast war, möchte ich mein Urteil an dieser Stelle vorwegnehmen, „Blue Skies“ ist einer der schwächeren Romane von Boyle. „T.C. Boyle – Blue Skies“ weiterlesen

Paul Auster – Baumgartner

Aus der Reihe: aus fremden Regalen

Erschien 2023 im englischen Original gleichen Titels | in deutscher Übersetzung von Werner Schmitz 2023 bei Rowohlt erschienen mit 204 Seiten

Es gehört mit einer gewissen Ritualisierung dazu am Ende eines Jahres auf die Menschen zu schauen, die von uns gegangen sind. Dazu gehört 2024 auch Paul Auster, einer der vielleicht größten amerikanischen Romanciers, der letzten 30 Jahre. Ich bin sehr froh mir seinen letzten Roman „Baumgartner“ ausgeliehen zu haben, denn tatsächlich habe ich seine drei vorhergehenden Romane (4321, Sunset Park, Unsichtbar)  in den letzten Jahren sehr gern gelesen, wenngleich ich sie unterschiedlich bewerten würde und irgendwie wollte ich mit „Baumgartner“ auch so etwas wie Abschied von ihm nehmen. „Paul Auster – Baumgartner“ weiterlesen

Christian Kracht – Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten

Erschien 2008 bei Kiepenheuer & Witsch | hier vorliegend im dtv Taschenbuch mit 150 Seiten

Es ist eine ganze Menge Wasser an den neuen, von den Abrissbauarbeiten der Ruine der Carolabrücke ausgelösten, Stromschnellen der Elbe heruntergeflossen, seit ich meinen letzten Roman beendet habe. Das lag zu großen Teilen an jeder Menge Sachbücher, die ich in völliger Ignoranz meines diesjährigen (letztlich vollkommen verfehlten) Tsonduku-Anspruches erworben und ansatzweise gelesen habe, aber an dieser Stelle nicht mehr besprechen möchte. „Christian Kracht – Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten“ weiterlesen