Anja Reich, Alexander Osang – Wo warst Du? Ein Septembertag in New York

Aus der Reihe: aus fremden Regalen

Erschien: 2011 bei Piper mit 272 Seiten

Das Bücherregal in der Wohnung meiner Schwester hält mich immer wieder auf. Diesmal entdeckte ich ein weiteres Buch von Alexander Osang und obwohl er bis diesem Werk lediglich Co-Autor war und obwohl es zum Thema, den 11.September 2001 hatte (ich dachte, ich hätte das Gefühl gehabt, über 9-11 alles notwendige gelesen, gehört und gesehen zu haben), habe ich es bei meinem weihnachtlichen Besuch trotzdem eingepackt, dafür bin ich von Osangs Roman „Lennon ist Tod“ zu nachhaltig positiv beeinflusst worden.

Das Buch einzupacken und durchzulesen, war eine gute Entscheidung. „Wo warst du?“ beschreibt den 11.September 2001 der Familie Osang – Reich. Alexander Osang ist Journalist des Spiegels, der in New York arbeitet. Seine Frau Anja Reich ist mit ihm und den beiden Kindern Ferdinand und Mascha vor zwei Jahren mitgezogen, doch während ihr Mann durch die USA und Europa reist, um Geschichten zu recherchieren und Menschen zu treffen, ist ihre journalistische Karriere etwas abgebremst worden, weil sie sich hauptsächlich um die Kinder kümmert. Am 10. September kommt Osang von einer längeren Reise aus Europa wieder nach Hause und geht erstmal joggen, weil er für den New York Marathon trainieren möchte, was seine Familie, insbesondere seine Frau nicht unbedingt goutiert, da sie den Familienvater lange nicht zu Gesicht bekommen hat. Und dann startet der 11.9., eine eigentlich ganz normaler, sonniger Spätsommerdienstag in New York City. „Anja Reich, Alexander Osang – Wo warst Du? Ein Septembertag in New York“ weiterlesen

Heinz Bude – Das Gefühl der Welt. Über die Macht von Stimmungen

aus der Reihe: „our pathetic age

Erschien 2016 bei Carl Hanser | hier in der Sonderausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung vorliegend mit 144 Seiten

Meine Stimmung geht gegen Ende des Sommers immer eine Winzigkeit in Richtung Melancholie. Die Freibäder schließen, die Tage werden kürzer, sommerlichen Hitzetage werden seltener und bald danach wird es zu kalt werden, sich auf die Wiese zu legen und Bücher zu lesen. Erst gestern erzählte mir mein Opa von einem ähnlich melancholischen Gefühl, wobei er die Stimmung im Lande meinte, die nach seiner Einschätzung immer schlechter würde und nachdem ich danach den letzten Tag der Leichtathletik Weltmeisterschaft sah und man feststellen musste, dass niemand vom DSV[1] eine einzige Medaille, in der vergangenen Woche, gewonnen hatte war mir für einen Moment so, den Gedanken das alles immer schlechter wird zuzulassen. „Heinz Bude – Das Gefühl der Welt. Über die Macht von Stimmungen“ weiterlesen

Thomas Piketty – Eine kurze Geschichte der Gleichheit

Aus der Reihe – our pathetic age

Erschien 2021 im französischen Original „Une brève histoire de l’egalitè“ bei Editions du Seuli | in deutscher Übersetzung von Stefan Lorenzer in der Sonderausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung 2022 mit 264 Seiten

Die Prominenz und Aktualität von Themen ist immer eine Aussage über die Zeiten, in welchen wir Leben, den Geist der sie bestimmt. Dafür ist auch Thomas Pikettys „kurze Geschichte der Gleichheit“ ein schönes Beispiel. Pikettys „Kapital im 21. Jahrhundert“ war 2015 für mich eines der anregendsten Sachbücher, dass viel über die Ungleichheit in der Leitungsgesellschaft des Kapitalismus zu sagen hatte. Mit großer Freude sah ich dann, dass die Bundeszentrale für politische Bildung sein neuestes Buch „Eine kurze Geschichte der Gleichheit“ im Angebot hatte. „Thomas Piketty – Eine kurze Geschichte der Gleichheit“ weiterlesen

Jürgen Neffe – Einstein. Eine Biografie

Erschien: 2005 bei Rowohlt | hier vorliegend als Taschenbuch (2006) mit 496 Seiten

Ich bin eigentlich kein großer Freund von Biografien. Jedoch entwickle ich mich mit zunehmendem Alter zu einem Interessierten der Physik. Das hätte ich mir in der 10.Klasse mal nicht erträumen lassen, als ich Physik für die Sekundarstufe 2 abwählte, weil ich vermutete, die Teilnahme an diesem Fach könnte mich das angestrebte Abitur kosten, denn die Gefahr an einer Naturwissenschaft zu scheitern, erschien mir beträchtlich und kombiniert mit meiner Faulheit und unzureichenden Auffassungsgabe, war für mich – in der Bundesligaterminologie gesprochen – jedes Jahr ein Kampf, um den Klassenerhalt und da muss man sehen, wie man seine Schäfchen elegant ins Trockene bringt. Tatsächlich habe ich dann zwei Jahre später das Abitur geschafft, aber ganz richtig fühlt sich der Schritt Physik abzuwählen heute trotzdem nicht mehr an.
Mein Opa schenkte mir vor Jahren zu Weihnachten eine Biografie über Albert Einstein, dem nicht nur bekanntesten, sondern sicherlich auch wichtigsten Naturwissenschaftler des 20.Jahrhunderts. Im Zuge meiner sich langsam steigernden Affirmation zur Welt der Physik, dachte ich mir das Studium einer Biografie Einsteins schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe, nicht nur würde ich etwas über den großen Meister und sein Leben erfahren, ich würde wohl auch etwas zu seinem Werk lernen können und dass hoffentlich auf einer Abstraktionsebene, welche einen Lichtpunkt in die dunkle Materie meines Geistes setzen könnte. „Jürgen Neffe – Einstein. Eine Biografie“ weiterlesen

Irene Vallejo – Papyrus

Erschien 2019 unter dem spanischen Originaltitel: „El infinito en un junco. La invención de los libros en el mundo antiguo“ | deutsche Übersetzung von: Maria Meinel und Luis Ruby erschien 2022 bei Diogenes mit 746 Seiten

Im Herbst letzten Jahres war Spanien das Gastland der Frankfurter Buchmesse und zu diesem Thema wurde im wunderbaren Bücherpodcast der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Folge nur zu diesem Thema ausgestrahlt. Ein Teil der einstündigen Sendung war einem Buch über Bücher gewidmet und als selbsternannter bibliophiler Mensch erfuhr dies natürlich meine besondere Aufmerksamkeit. Die aragonesische Autorin Irene Vallejo erörtert im vorgestellten Werk eine launige Geschichte des Buches an Hand von persönlichen Eindrücken über Bücher. Als ich nun im Frühjahr ein Exemplar dieses Buches im Zweitbuch Wiesbaden sah, konnte ich nicht anders als zuzuschlagen. „Irene Vallejo – Papyrus“ weiterlesen

Christian Geulen – Geschichte des Rassismus

Erschien 2007 (hier in Neuauflage für Landeszentralen für politische Bildung 2021) | Sachbuch | 128 Seiten

In der Veröffentlichung meiner Gedanken zu Sachbüchern in diesem kleinen Blog, habe ich in letzter Zeit eine große Zurückhaltung geübt, denn darüber auch nur ansatzweiße kompetent zu schreiben, erfordert viel Einarbeitung und Zeit. Jedoch muss ich immer wieder feststellen, wieviel mir an angelesenen und nicht-verschriftlichten Wissen, im Laufe der Zeit wieder verloren geht, weshalb ich mit großer Freude verkünden kann, ein neues Tool gefunden zu haben, das es mir ermöglicht, festzuhalten, was ich gedanklich durchgearbeitet habe.
Das Werkzeug heißt Obsidian und kann wie ein zweites Gehirn angewendet werden (wobei das ein offensichtlicher Euphemismus der bereits damit arbeitenden User ist, es ist mehr wie ein persönliches Wikipedia). In dieses Programm pflegt man alles an Gedanken und Ideen ein, die man gelesen, gehört, gesehen und natürlich durchdacht hat. Diese trägt man in Obsidian in einer Art Zettelkasten ein. Der Clou an Obsidian ist es, dass man alle Ideen (oder Zettel) miteinander verknüpfen und in Beziehung setzen kann, was es nicht nur ermöglicht, sich seiner Gedanken zu erinnern, sondern diese auch zu neuen Einsichten zusammenzuführen.

Warum langweile ich Sie, geneigter Leser, mit solchen Informationen? Weil ich hoffe damit auch kompetentere Aussagen für diesen kleinen Blog treffen zu können. Bisher galt mir dieser, als mein Gedächtnis für Bücher, Filme, Serien und etwas mehr. Mit Obsidian hoffe ich ein Programm gefunden zu haben, dass die begrenzte Funktionalität dieses Blogs einerseits ersetzt und andererseits erweitert. Ich möchte sie nun aber nicht mit den digitalen Verknüpfungsrichtlinien meiner Gedanken langweilen, die Konsequenz, die ich aus Obsidian ziehe, soll für „tommr.de“ die sein, hier weiterhin meine Ideen zu den oben genannten Themen zu erläutern, diese jedoch in einen breiteren Kontext zu stellen und damit auch wieder fundierte Aussagen über gesellschaftliche Themen treffen zu können und dem hier zufällig hineinklickenden Leser zur Verfügung zu stellen.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle Christian Geulens Einführungsbändchen zur Geschichte des Rassismus thematisieren, denn es ist das erste Buch, dass ich versucht habe, vollständig in Obsidian einzubauen. „Christian Geulen – Geschichte des Rassismus“ weiterlesen

Brian May, Patrick Moore, Chris Lintott – Bang! Die ganze Geschichte des Universums

aus der Reihe: aus fremden Regalen

Erschien 2006 mit dem Originaltitel: „BANG“ | deutsche Übersetzung: Hermann-Michael Hahn erschien 2007 bei Kosmos | 192 Seiten

Wie bei so vielen Dingen, kann ich nicht mehr genau sagen, wie es angefangen hat. Aber seit einiger Zeit, es mag sich bereits um einige Jahre handeln, habe ich ein Prozedere, um einen bestmöglichen Nachtschlaf zu erhalten. Er beinhaltet das Studium der Astrophysik. Ich finde den Kosmos, das Werden und Verstehen von Sternen, Planeten, die Regeln die alles zusammenhält (bzw. eben gerade nicht) höchst interessant UND gleichzeitig so komplex, dass mein Bewusstsein regelmäßig nach einigen Minuten auf Schlaf umstellt.[1] Böse Geister könnten nun behaupten, ich benutze die Kosmologie nur um mich auszuruhen, aber ich habe nicht nur einige Sachen bereits gelernt über den Urknall, die riesige Zahl an Sternen und Universen (das ist tatsächlich und im wahrsten Sinne des Wortes unfassbar!) oder die kosmologische Konstante. Neulich kam ich mit meinem Schwager ins Gespräch über das Thema und er wiederum erwähnte ein Buch des ehemaligen Queen-Gitarristen Brian May, der ein höchst lesenswertes Buch zum eben beschriebenen Thema schrieb, dass mein Schwager dankenswerterweise nicht nur aus seinem Regal zog, sondern mir auch zum Studium überließ.[2]

„Brian May, Patrick Moore, Chris Lintott – Bang! Die ganze Geschichte des Universums“ weiterlesen

Peter Geimer – Theorien der Fotografie

Sachbuch | erschien 2009 bei Junius mit 232 Seiten

Meine erste Digitalkamera hatte ich mir nach langer Krankheit irgendwann im Frühsommer 2003 gekauft, doch wirklich richtig angefangen, mehr oder weniger bewusst zu fotografieren, habe ich erst mit dem Kauf einer Spiegelreflexkamera um 2010 herum.[1] Und auch da habe ich eine langsame Entwicklung genommen, bis ich irgendwann später, nach Fotokursen bei der VHS und im riesa efau, Tipps von Freunden und vielen youtube Videos, endlich mit meinen Bildern etwas zufriedener war.[2] Dabei stellte ich mir häufiger die Frage, warum ich überhaupt fotografiere, wann und für welches Motiv ich den Auslöser abdrücke und wie ich Bilder dann digital bearbeite. Seit 2019 muss ich feststellen, dass mein praktisches Interesse an der Fotografie etwas ermüdet. Selbst der Kauf einer neuen Kamera 2020 konnte diesen Trend nicht stoppen, was vielleicht auch daran liegt, dass ich gern urbane Motive und Architektur aufnehme, Städtetouren in Zeiten zirkulierender Corona-Viren, mehr möglich waren. Ich hoffe sehr, dass sich dieser Trend bald umdreht, zumal mein theoretisches Interesse an der Fotografie weiterhin hoch ist. Denn bei allen youtube Videos, die ich über das Fotografieren trotzdem noch schaue,[3] hätte ich gern eine tiefere Einordnung über theoretische Fragen der Fotografie, weshalb ich zu Peter Geimers Einführung „Theorien der Fotografie“ griff. „Peter Geimer – Theorien der Fotografie“ weiterlesen

Stefan Zweig – Sternstunden der Menschheit. Zwölf historische Miniaturen

Erschien erstmals 1927 bei Insel (mit 5 Miniaturen) | hier vorliegende Ausgabe von 1984 bei Aufbau (12 Miniaturen) mit 218 Seiten

In letzter Zeit sehe ich beim Lesen häufig Josef Hader vor meinem geistigen Auge und dass obwohl ich überhaupt noch nie etwas von Josef Hader gelesen habe.[1] Diese Faszinationen bedingen sich zweier filmischer Themen, denn zum einen spielt der österreichische Kabarettist und Schauspieler die Rolle des Kommissar Brenners, aus der Krimireihe von Wolf Haas,[2] zum anderen verkörperte er Stefan Zweig in Maria Schraders wunderbaren Film „Vor der Morgenröte“. „Stefan Zweig – Sternstunden der Menschheit. Zwölf historische Miniaturen“ weiterlesen

D.T. Max – Jede Liebesgeschichte ist eine Geistergeschichte. David Foster Wallace – Ein Leben

Originaltitel: „Every Love Story is a Ghost Story: A Life of David Foster Wallace“ | deutsche Übersetzung von: Eva Kemper | 2014 bei Kipenheuer & Witsch erschienen | 502 Seiten

Ich kann mich noch an so viel erinnern.  Ich sitze im Zug und lese zum ersten Mal in meinem Leben David Foster Wallace, oder DFW[1], wie seine, mit einem unsichtbaren Band gemeinsamer Begeisterung verbundenen, Fans ihn nennen.[2] Ich kann mich auch daran erinnern, wie ich den „Unendlichen Spaß“ begann und ich erinnere mich, wie ich die letzten Zeilen las, nur um sofort wieder mit der ersten Seite des Buches neu zu beginnen, doch ich wusste in diesem Moment, dass es das beste Buch war, das ich je gelesen hatte. Ich erinnere mich daran, am Tag des erscheinen des „Bleichen Königs“ DFWs unvollendeten letzten Roman in einer Buchhandlung gesehen zu haben.[3] Wie ich verführt wurde von der Idee, das Werk an jenem symbolischen Tag gleich erwerben zu müssen, wie es ein Fan nun einmal tun müsste, aber mir klar wurde, dass ich ihn nicht gleich lesen würde (wie es ein richtiger Hardcore Fan eigentlich auch tun müsste[4]), ließ ich davon ab. Es gibt so viele Erinnerungen, an die vielen Stunden mit seinen Texten. Und da es keine neuen Texte mehr von ihm gibt, lese ich nun etwas über ihn, denn wenn ich mal meine Biographie schreiben sollte, dann ist nach Don DeLillo, DFW – chronologisch gesehen – so etwas wie der zweite große Autor meines Lesens.[5] [6]

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