Ian McEwan – Amsterdam

Molly Lane ist gestorben. Die Krankheit kam schnell, ließ sie zu einem Frack werden, nicht mehr sie selbst sein. Auf der Trauerfeier treffen sich Clive Linley und Vernon Halliday, älteste Freunde und beides ehemalige Geliebte von Molly, deren Wirkung auf Männer vor ihrer Krankheit man als ekstatisch magnetisch bezeichnen kann. Ebenso anwesend ist der recht farblose Ehemann von Molly, George Lane, der seine geliebte Frau in ihren letzten Tagen hermetisch von der Umwelt abriegelte. Auch zugegen ist Julian Garmony, Außenminister und rechtsgerichteter Polemiker mit dem Ziel, bald Premierminister werden zu wollen. Clive und Vernon hassen sowohl George, der Molly hatte heiraten dürfen, als auch Garmony, nicht nur weil auch er ein Liebhaber der Verstorbenen war, sondern gleichfalls wegen seiner Politik. Einen Grund warum eine solche Klassefrau mit diesen beiden Menschen näheren Kontakt gehabt hatte, scheint insbesondere Clive ziemlich unergründlich.
Doch irgendwann ist die Trauerfeier beendet und es geht zurück ins Leben, das jetzt ohne Molly weitergehen muss. Der Komponist Clive soll seine Millenniumssymphonie beenden, welcher der Staat bei ihm in Auftrag gegeben hat, um den Jahrhundertwechsel mit ausgesuchter Musik zu untermalen. Vernon wiederum richtet die Aufmerksamkeit auf seine Rolle als Chefredakteur des „Judge“, einer schrumpfenden Qualitätszeitung, deren intellektuelles Credo nicht nur dem korrekten Syntax, sondern insbesondere der kritischen Hinterfragung der Regierung gilt und dabei insbesondere des Außenministers. Da kommt ein Anruf von George in Vernons Büro eigentlich gerade recht,  der ihm, von Molly gemachte, kompromittierende Fotos von Garmony anbietet, welche nicht nur die Auflage des „Judge“, dessen Anteilseigner George ist, steigern, sondern auch die politische Karriere von Julien ruinieren könnte.

„Amsterdam“, 1998 erschienen, ist in erster Linie ein Buch über Verantwortung. Was heißt verantwortliches und moralisches Handeln, was hat einen höheren Zweck und was dient nur den eigenen Interessen und Vorlieben. Es ist ebenso das Buch zweier Freunde, deren Freundschaft auf eine Probe gestellt wird. Und es ist eine Medienkritik; über Intrigen, den richtigen Zeitpunkt der Veröffentlichung einer Geschichte und die Frage, wie man die öffentliche Meinung formen kann.

McEwans Buch liest sich wie gewohnt flüssig, hat teilweise einen charmanten Witz und gerade im ersten Teil, macht es Freude die recht unterschiedlichen Charaktere zu begleiten. Jedoch driftet das Buch mit zunehmendem Verlauf in einen Wirbel, der etwas überdreht wirkt. Gerade das Ende scheint arg konstruiert und was als spannende Satire auf unsere Tage beginnt, entwickelt sich zu einem eher mittelmäßigen Thriller.

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