Die Grippezeit scheint langsam abzuebben für dieses Jahr. Vor 101 Jahren jedoch, war nur die erste Welle einer Grippeepidemie über die Welt gezogen, die in den nachfolgenden Monatennoch zweimal über den Planeten rollen würde und welche die tödlichste Pandemie der Menschheitsgeschichte darstellte. Ganz genau Zahlen kann man nicht aussagen, aber die Spanische Grippe hat wohl mindestens 50 Millionen Menschen das Leben gekostet, es ist wahrscheinlich, dass er aber eine höhere Opferzahl gab. Außer in Europa, haben alle anderen Kontinente mehr Menschenleben durch die Grippewelle zu beklagen, als durch den 1.Weltkrieg. Doch während es unzählige Bücher und Dokumentationen zum 1.Weltkrieg gibt, sind die Arbeiten über die Spanische Grippe übersichtlich in ihrer Anzahl.
Die Britin Laura Spinney nimmt sich in ihrem Buch „1918. Die Welt im Fieber“ der Pandemie an und schreibt in einem großen Panorama von einer eigenartig ignorierten Krankheitswelle und ihren Folgen für die Menschheit. Dabei erläutert sie, wie es überhaupt zu Masseninfektionskrankheiten kam, wie die drei Krankheitswellen verliefen, warum Spanien den Namen der Grippe stellte, wo die Grippe erstmals ausgebrochen sein könnte (kleiner Tipp: nicht in Spanien!), wie die Menschen rund um den Erdball darauf reagierten, was die damalige Medizin tun konnte und wie das kollektive Gedächtnis die spanische Grippe ignorierte und den Krieg erinnerte. Spinney liefert ein sehr lesenswertes Prisma eines Ereignisses der Menschheitsgeschichte, dass nicht nur gerade seinen 100. Geburtstag zählt, sondern tatsächlich eine neue Perspektive auf die Historie liefert. Diese Geschichte zu erzählen gelingt ihr größtenteils sehr spannend (einzig im Mittelteil fühlt man sich etwas überwältigt von den Erzählungen der Kranken und der Reaktion der Noch-Gesunden). Für alle die sich für Geschichte, Krankheiten und gesellschaftliche Entwicklungen interessieren eine sehr lohnenswerte Lektüre.