Succession – 2.Staffel

Idee: Jesse Armstrong | Drama-Serie | 2.Staffel von 4 mit 10 Episoden | veröffentlicht 2019 auf HBO (in Deutschland auf Wow Serien)

Es ist lange Zeit her, dass mein Sehverhalten Züge von Binge Watching aufzeigte (ich erinnere mich an „Sopranos“, „The Wire“ oder „Breaking Bad“, die ich so verschlang). „Succession“, die gerade endenden Serie über die Familie des TV-Moguls Logan Roy (Brian Cox) treibt mich dazu, möglichst schnell und viel von diesem Meisterwerk aufzusaugen, denn diese Serie ist ein Serien-Meilenstein der letzten Jahre.

Staffel zwei fokussiert auf die Familie der Roys und hier tun sich ebenso große Potentiale wie Abgründe auf. Tochter Siobhan (Sarah Snook) bekommt vom Vater signalisiert, dass sie einmal das global operierende Konsortium Waystar leiten könnte, während Kendall (Jeremy Strong) nach seinen Verfehlungen in der ersten Staffel, zum treuen Gefolgsmann seines Vaters wird. Roman (Kieran Culkin), der auf Grund seiner Unstetigkeit, eigentlich keine wirkliche Chance hat im Imperium die Hauptrolle zu spielen, versucht sich mit seiner Mentorin Gerri (J. Smith-Cameron), der langjährigen Chefjustiziarin von Waystar, in Position zu arbeiten. Keine Chance hat Halbbruder Connor (Alan Ruck), dem es neuerdings in die Politik verschlägt, sehr zur schamhaften Belustigung der restlichen Familie.

Mehr noch als in der Premierenstaffel sind diese zehn Folgen ein Panorama über eine überaus kalkulierende Familie, die Reichtum und Macht bietet, aber nicht Geborgenheit und Nähe. Einige Szenen und Ideen sind meisterhaft. So wie die Rolle der britischen Mutter (Harriet Walter), bei der man als Zuschauer spät, aber umso härter mitbekommt, wie sie in ihrer Mutterrolle fast schon episch versagt (wie tief berührend ist der Versuch eines Mutter-Kind Gespräches zwischen Kendall und ihr). Dafür blitzt immer mal wieder Logan Roy in seiner Vaterrolle auf, die er natürlich ganz auf das Wohl seines selbsterschaffenen Unternehmens projiziert, aber man merkt, das er ein Gefühl für seine Kinder hat (wenngleich man hier nicht von Mitgefühl sprechen kann), wobei dieses vollkommen eingenommen wird, welche Rolle seine Kinder für sein Vermächtnis spielen könnten. Das reflektiert dann auch insgesamt das Bild von Familie (hier ins Extrem getrieben, mit dem Wunsch, dass aus den Kindern mal etwas wird, wenngleich dieser Wunsch beim Patriarchen Logan nur darin bestehen kann, möglichst genauso gottgleich zu werden, wie er selbst und der für ihn betrüblichen Einsicht, dass es nun mal keinen zweiten wie ihn gibt).
Wie keine andere Serie mir bekannte Serie schafft es „Succession“ einzelne Folgen wie perfekt inszenierte Theateraufführungen im großen Stil wirken zu lassen. Großartig zum Beispiel der Wettkampf mit der liberalen Familie Pierce in Folge 5 oder das grandiose Staffelfinale „This Is Not For Tears“, ein Shoot-Out der Meisterklasse, mit einem Gesichtsausdruck von Logan Roy am Ende, der so viel bedeutet, dass die etwas abschätzbare Wendung der Ereignisse, dann doch großartig passt.

Das wird angetrieben von den Abenteuern einer Multi-Milliarden-Dollar-Medienindustrie mit ihren Übernahmeschlachten und den öffentlichen Skandalen, die sich über die Jahre angesammelt haben und mit denen man in der Öffentlichkeit umgehen muss (was so ungefähr das ganze Gegenteil bedeutet, wie sich mit ihnen auseinanderzusetzen). Dabei wird immer versucht, auch die moralisch fragwürdigste Situation rational im Sinne der eigenen Interessen (des am geringsten zu befürchteten Imageverlustes) aufzulösen, anders gesagt: es wird versucht zu ergründen, wie emotional andere Menschen oder gar die Öffentlichkeit als Ganzes reagieren könnten und wie rationale (und emotional verputzte) Argumente dagegen ankommen. Doch dieses strategische Verhalten hat eine auch eine Endlichkeit und wenn man sich den Umgang von Logan Roy mit der Beraterin Rhea (Holly Hunter) betrachtet, sieht man, dass auch er essenzielle Entscheidungen aufgrund von minimalen persönlichen Gesten abhängig machen kann.

„Succession“ ist ein zeitloses Shakespeare Stück im Gewand des 21.Jahrhunderts. Wirklich großes Serien-Kino.

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