Boyles 13.Roman „When the Killing is gone” kam im englischen Original 2011 heraus und thematisiert einen Streit zwischen zwei Gruppen von Umweltschützern. Auf der einen Seite steht Alma Boyd, Pressesprecherin des Channel Island National Parks. Diese staatlich geförderte Organisation wurde zum Schutz der Kanalinseln gegründet, welche vor der kalifornischen Küste bei Santa Barbara liegen. Almas aktuelles Projekt ist es, die Inseln auf ihre natürliche tierische Population zurückzuführen, was beispielsweise für das kleine Inselchen Anacapa bedeutet, dass man dort alle Raten tötet, weil diese vom Menschen eingeschleust wurden und die natürlich bzw. länger auf der Insel lebenden Tierarten bedrohen. Alma wird dabei, zumindest unbewusst von ihrer Großmutter angetrieben. Sie überlebte kurz nach Ende des 2.Weltkriegs einen dramatischen Bootsunfall und konnte sich mit letzter Kraft auf Anacapa retten, wo sie auf Heerscharen von Ratten traf, die aber nicht ihren eisernen Willen zu Überleben hat einschüchtern konnten.
Eine entgegengesetzte Position, gleichwohl aber auf Tierschutz ausgerichtet, vertritt die FPA, eine vom einen wohlhabenden Rasta Träger gegründete Gesellschaft, welche sich dem radikalen Tierschutz widmet, der das Töten aller Tiere verhindern möchte und damit auch das der Ratten auf Anacapa.
Was ist natürlich? Der Mensch hat auf unserer Erde unglaublich viele Spuren hinterlassen und wir nennen die Epoche der Erdgeschichte, in welchem wir momentan – und wohl bis zum Untergang der Menschheit – leben, das Anthropozän, einer Zeit also in der eine fundamentale Umgestaltung der Natur durch eine einzige Spezies (also durch uns)) durchgeführt wird. Was der Mensch auf dieser Welt zu verantworten hat, ist enorm und der Reflex etwas von seinem Treiben abzudämpfen ist in den letzten Jahrzehnten eine wachsende menschliche Bewegung, die sich teilweise ganz unterschiedlichen Zielen verschreibt, deren oberstes Ziel man aber ein wenig religiös formuliert, als die Bewahrung der Schöpfung, bezeichnen kann. Der Umweltschutz, als die vielleicht wichtigste Ausformung dieses Komplexes von Denkmustern, steht dabei nicht nur für die Rückführung auf eine angeblich „natürliche“ Ordnung (wo sich die kaum zu beantwortende Frage stellt, was wirklich natürlich heißt bzw. welcher Zustand das sein soll), sondern argumentiert gleichfalls mit den Gefahren, welche das menschliche Handeln für das eigene Fortbestehen der Art hat (man denke an die Bewegung gegen die Klimaerwärmung).
Was also können wir Menschen tun, wie sollen wir uns auf einer Erde verhalten, deren Tier und Pflanzenwelt durch die Existenz des Menschen und sein Handeln sich radikal verändert. An dieser Schnittstelle, fängt „Wenn das Schlachten vorbei ist“ an zu erzählen und lässt dabei natürlich auch prinzipiell eigens individuell existentielle Themen nicht außen vor, wie dem Kampf des Menschen gegenüber dem Meer in Form von Schiffsunglücken, oder das Leben als Farmer auf einer einsamen Insel und der Einbruch kapitalistischer Strukturen, die ein solches Leben ad absurdem führen.
T.C. Boyle ist mit diesem Roman ein sehr komplexes und symbolisch verwobenes Werk gelungen, welches sich gewohnt gut lesen lässt, dass allerdings die Spritzigkeit und den Humor anderer Romane Boyles vermissen lässt. So ist das wichtigste Thema des Buches, die immer wieder aus anderen Perspektiven gestellte Frage nach dem Recht auf Eingriffe in verschiedentlichste Ausformungen von Existenten und das ausleuchten welche Rolle der Natur und Menschheit dabei spielen. Das wiederum gelingt Boyle sehr eindringlich und so ist dieses Buch eine Botschaft gegen Fanatismus, gegen blinde Ideologien und für praktische Lösungen und Kompromisse. Und er entlässt uns mit der Frage, wann denn das Schlachten wirklich vorbei ist oder anders gewendet, wie sehr wir das Schlachten vielleicht selbst sind und in uns haben.