Taxi Teheran

Jahr: 2015 | Originaltitel: „Taxi“ | Regie & Drehbuch: Jahar Panahi | Länge: 82min | Mockumentary bzw. Dokufiktion

Bevor wir zum Film „Taxi Teheran“ kommen, müssen wir eine kleine Theoriediskussion zu „gespielten“ Dokumentarfilmen führen, also Filmen, die wie Dokumentationen wirken, aber keine solchen sind. Für gewöhnlich haben wir an dieser Stelle das Genre „Mockumentary“ genannt. Wie ich nun aber feststellen musste, ist das Hauptanliegen einer Mockumentary, dass es „Anspruch auf Objektivität und kulturelle Relevanz parodiert“.[1] Es handelt sich dabei vielmals, um die satirische Inszenierung scheinbar realer Vorgänge. Besonders Comedy-Serien, wie „Modern Family“, „The Office“ oder „Parks and Recreation” nutzen diese Formen der Erzählung. Ein Mittel ist es dabei, die eigene Erzählung und die eigenen Handelnden zu ironisieren.

Die Frage ist nun, ob man „Taxi Teheran“, den Gewinner des Goldenen Bären auf der 65.Berlinale in Berlin 2016, ebenfalls in dieses Genre einordnen kann.
Eine auf dem Armaturenbrett festgebaute Kamera in einem Taxi beobachtet den Filmemacher Jahar Panahi, der als Taxifahrer durch die iranische Hauptstadt fährt. Wie im „wahren Leben“ erfährt man über Panahi, dass er ein Filmemacher ist, aber ebenfalls, dass er seit 2010 Berufsverbot im Iran hat,[2] worauf er auch im Taxi angesprochen wird. Wir erleben unterschiedliche Gäste im Wagen, die ganz unterschiedliche Themen besprechen. Dabei sind wenige ärgerlich schlechte Szenen, wie die des Paares nach einem Moped Unfall, in der Mehrzahl jedoch sehr humorvolle oder nachdenkliche Momente. Der Film, bei dem sich der Hauptdarsteller Pahani sehr zurücknimmt, seine Bekanntheit hinter einer leicht tollpatschigen Fassade eines Chauffeurs versteckt, erzielt seine Wirkung als kulturelles Porträt eines (für uns) fremden Landes. Er ist gleichfalls eine Hommage an das Filme machen, mit der Frage verbunden, was uns Filme erzählen und welche Botschaften sie an uns Zuseher richten. „Taxi Teheran“ ist – schon allein, aber natürlich nicht nur, wegen der Umstände seiner Produktion – ein Plädoyer für den freien künstlerischen Ausdruck. Das macht die Größe dieses mutigen[3] Filmes aus.

An dieser Stelle kehren wir abschließend zurück zur Einordnung des Genres von „Taxi Teheran“. Anders als bei einer Mockumentary, könnte man den Film als Dokumentation mit fiktionalen Elementen beschreiben, in welchen nicht Schauspieler aktiv sind, sondern zumeist nicht professionelle Darsteller, die sich selbst spielen (im Film z.B. die Anwältin Nasrin Sotudeh) oder fiktionale Versionen von sich selbst spielen (Panahi spielt sich selbst, aber er übernimmt die Rolle eines Taxifahrers, der er natürlich nur im Film hat). Während eine Mockumentary perfekt in Szene gesetzt wird, damit die Satire als Rahmenhandlung wirken kann, ist es bei der Dokufiktion das Ziel, eine Idee – oder vielleicht besser, eine Realität – aufzufangen. Als Zuschauer ist man bei „Taxi Teheran“ in die Zustände des Irans geworfen und man realisiert, was „Sich-Ausdrücken-Können durch Filmemachen“ alles bedeuten kann. Allein deshalb lohnt sich schon „Taxi Teheran“.

[1] Um an dieser Stelle Wikipedia zu zitieren. Link [26.9.22]: https://de.wikipedia.org/wiki/Mockumentary

[2] Der Film ist bereits der 3. Streifen von Pahanir, der heimlich gedreht und produziert wurde.

[3] Ich bin kein großer Freund davon Filme als mutig zu titulieren, aber an dieser Stelle gibt es wohl kein passenderes Adjektiv.

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