Ewige Jugend

Originaltitel: „Youth“ | Drehbuch & Regie: Paolo Sorrentino | Jahr: 2015 | Tragikomödie | 118min | Location: in den Bergen der Schweiz

Es fällt mir zunehmend schwerer, ohne Lesebrille auf mein Handy zu schauen oder Bücher zu lesen. Im Moment, in dem ich diese Zeilen tippe, arbeite ich (noch) ohne Brille, auch dank eines schönen großen Bildschirms vor mir, aber wie lange noch? Ich sage es mit den geringstmöglichen Umschweifen: Das Alter (in Form des Verfalls, nicht so sehr der Weisheit) meldet sich langsam auch beim Autor dieser Zeilen.

In „Ewige Jugend“ befinden wir uns in den schönen Schweizer Bergen, in einem Luxussanatorium für berühmte und wohlhabende Menschen, wo auch der Komponist und Dirigent Fred Ballinger (Michael Caine) abgestiegen ist, genauso wie sein alter Freund, der Hollywood-Drehbuchautor Mick Boyle (Harvey Keitel). Während Ballinger mit seinem Beruf abgeschlossen hat, wird er von einem Abgesandten der Queen dazu gedrängt, seine bekannteste Komposition „Simple Songs“ noch einmal für die Regentin aufzuführen, was er ablehnt. Seine Tochter Lena (Rachel Weisz), gleichzeitig seine Assistentin, muss den Verlust ihrer Ehe verkraften, da ihr Ehemann (Ed Stoppard), gleichzeitig Sohn von Mick, eine andere Frau anziehender findet. Mick wiederum bastelt gemeinsam mit einigen Gehilfen an einem letzten großen Drehbuch, das sein künstlerisches Schaffen krönen soll. Der Schauspieler Jimmy Tree (Paul Dano) hängt im Sanatorium ab, weil er sich auf eine Rolle vorbereitet. Und dann haben wir noch Diego Armando Maradona (Roly Serrano), dessen Bauch genauso kugelrund ist wie die Fußbälle, mit denen er fast magisch umgehen kann.

„Ewige Jugend“ ist ein Film, der optisch und musikalisch teilweise wunderschön ist. Nur leider kann dies die verkitschte und pathetische Atmosphäre nicht kompensieren, die an viel zu vielen Stellen übertrieben wird. Ich mag Sorrentino sehr dafür, wie er beispielsweise Figuren wie Maradona in den Film einbaut (hier muss man von der Mehrzahl sprechen, denn Maradona taucht immer wieder beim Neapolitaner auf), aber auch hier belässt er es nicht bei einigen Andeutungen, sondern schießt immer wieder über das Ziel hinaus. Als Film über das Altern und den Blick auf das Leben wirkt „Ewige Jugend“ nicht wie ein abgeklärter Roman, sondern wie ein steriler, aber hübsch aufbereiteter Lebenslauf oder wie ein Besuch in einem Museum, wo lauter wunderschöne Bilder hängen, mit denen man aber so rein gar nichts anfangen kann. Das soll nicht heißen, dass nicht einige Szenen großartig sind (Fred und Mick im Pool, als Miss Universe diesen in vollkommener Schönheit betritt, beispielsweise), aber als ein Film über das Verändern des Selbst im Alter, das unausweichlich erscheint und das Kompromisse aufgrund der Verluste erfordert, ist „Ewige Jugend“ dann doch nur der Wunschtraum eines hervorragenden Films.

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