Ich habe meine Probleme damit, einen Film zu sehen, und danach das Buch zum Film zu lesen. Macht für mich keinen Sinn. Interessanterweise geht das aber andersherum ganz gut. Sprich; einen Film zu sehen, dessen Romanvorlage ich schon las, erweckt mein Interesse an der filmischen Umsetzung (wenn sie davon eine psychologische Tiefenuntersuchung machen wollen, dann nur los, Kommentarbox ist unten). Deshalb fiel mein Interesse auf Paul Thomas Andersons neuem Film „Inherent Vice“. Der Krimi basiert auf dem gleichnamigen Roman (warum der Filmtitel nicht wie der Roman ins Deutsche als „Natürliche Mängel“ übersetzt wurde, bleibt wie so häufig ein Rätsel der Marketing-Übersetzungsverantwortlichen) von Thomas Pynchon, dessen Werk ich hier schon mal angesprochen habe.
Am Übergang zu den 1970er Jahren treffen wir Doc Sportello (Joaquim Phoenix) in der Hippiewelt Kaliforniens. Seine verflossene Ex-Freundin Shasta (Katharine Waterston) taucht unvermittelt auf und bittet Doc um Hilfe, denn sie fürchtet das ihr Geliebter, der Baulöwe Micky Wolfman (Eric Roberts) entführt werden soll. Doc, der immer noch tiefe Gefühle für Shasta hegt, will bei der Suche helfen und gerät dabei in mehrere andere Fälle, wie dem Verschwinden des Musikers Coy Herlingen (Owen Wilson), der Suche nach einem Glen Charlock und dem Auffinden eines Phänomens Namens „Golden Fang“. Dabei steht ihm zumeist der rabiate Polizist Bigfoot Bjornsen (Josh Brolin) im Weg und andere noch unerfreulichere Menschen. So zieht Doc in die, insbesondere von Drogen, vernebelte Welt und bei jedem gelösten Rätsel tauchen scheinbar zwei Neue auf.
Paul Thomas Andersons Krimi, der derzeit noch in den Kinos läuft, ist die erste Verfilmung eines Pynchon Romans und bedenkt man die komplexe Struktur seiner Bücher, so ist der Film vergleichsweise gut verständlich (was allerdings nicht auf das Befinden bzw. Verständnis des eine Reihe vor mir sitzenden und ständig quatschenden Pärchens zutraf, die sich nach Ende der Vorführung konsterniert mit der Frage des Sinns beschäftigten). Wer einen Krimi mit der üblichen Struktur erwartet – Verbrechen das Fragen aufwirft, Suche und Lösung der Probleme, der wird nur bedingt mit diesem Film zufrieden sein, denn es geht nicht um einen singulären Fall, sondern um mehrere neben- und übereinander liegende Ebenen, die immer wieder mit der die Dualität von Realität und Paranoia ringen. Das macht das Thema durchaus zeitkritisch, leben wir doch auch in einer Welt, wo Neuigkeiten, Ideen und Theorien in einer eigenwilligen Mischung aus Realität und Paranoia aufgehen. Trotzdem – und auf den Film zurückkommend – ist „Inherent Vice“ als Krimi eine Spur zu lang, hat wie der Roman wirklich witzige Momente, verliert sich aber teilweise in einem komischen Mischungsverhältnis von schnell erzählten Szenen und unnötig philosophierend langatmigen Momenten.