Kodachrome

Jahr: 2017 |Regie: Mark Raso| Road-Movie | 100 min

Vielleicht kennen Sie das? Sie schauen auf eine Liste, deren Anlegen ihnen irgendwie vertraut vorkommt und deren Existenz ihnen klar ist, aber nicht mehr deren festgelegte Inhalte. So geschehen auf meiner Netflix Liste!
Da fand sich „Kodachrome“, ein Film über einen Musiklabelmanager, der seinen todkranken Vater auf einer Reise zur Entwicklung eines Fotofilmes begleiten soll. Musik, Fotografie, gute Schauspieler, Hauptdarsteller in deinem Alter und scheinbar jung geblieben, könnte passen! Sie schauen die ersten Minuten und stellen fest, dass sie irgendwann schon einmal diese ersten Minuten gesehen haben. Sie fragen sich, warum ab ich den Film nicht zu Ende geschaut? Nach wenigen, weiteren Augenblicken stellen Sie fest; „Ahh, deshalb; der Film ist einfach schlecht!“ Jetzt kommt aber die eigentliche Überraschung, sie schalten einfach nicht aus! Sie geben dem Film eine zweite Chance!

Matt Ryder (Jason Sudeikis) hat als Manager in seinem Label eine letzte Gandenfrist erhalten. Entweder er kann in den nächsten zwei Wochen eine wichtige Band vertraglich binden, oder er ist gefeuert. Da kommt ihn Zooey Kern (Elizabeth Olson) sehr unrecht und noch mehr ihr Anliegen. Matts Vater Benjamin Asher Ryder (Ed Harris) hat nur noch Monate, vielleicht Wochen zu leben und Zoeey ist seine Krankenschwester. Benjamin ist ein berühmter Fotograf, der sein ganzes Leben der Fotografie gewidmet hat, mit der Konsequenz, dass für seine Familie keine Zeit blieb, was auch dazu führte, das sein Sohn schon jahrelang keinen Kontakt zum Vater mehr hatte. Daher ist Matt selbstverständlich für einen letzten Ausflug mit seinem Vater nicht zu haben, zu dem ihn Zooey einlädt. Als Benjamins Manager (Dennis Haysbert) ihm jedoch anbietet, dass er auf dem Weg zum Fotoladen in Kansas, die vom ihn gesuchte Band für sein Label verpflichten könnte, ist er dann doch an Bord.

„Kodachrome“ klingt so vielversprechend, Fotografie, gute Musik, eine letzte Reise, eine Vater- und-Sohn Geschichte. Und dann kommt dann so ein Film heraus! Es ist erschütternd, wie man 100min mit so guten Schauspielern wirklich richtig verhauen kann. Mein größter Kritikpunkt dabei ist, dass der Film nicht ein einziges seiner Themen ernst nimmt und auf allen Ebenen oberflächig und manchmal dümmlich platt aufgenommen wurde!
Thema: Fotografie – Ed Harris spielt einen weltberühmten Fotografen, der nur analog fotografiert. Na gut, kann schon irgendwie sein, sagt man sich. Aber wie fotografiert der Mann im Film?!? Das erinnert an einen Kreuzfahrttouristen, den man für eine Stunde auf Landgang schickt und sagt, „mach jetzt aber bitte 100 Bilder, das du sagen kannst, du warst dort gewesen.“ Was ist das für ein sinnloses Geknipse? Es Harris hält ärgerlich blöd seine Kamera in der Welt herum und drückt ab. Auch wenn man die kurzen Reflektionen über Fotografie, die im Film vorkommen, noch ganz okay finden kann, ist man dann erschüttert, mit wie wenig Liebe zum Detail der Film gemacht ist und der Fotografie nur für einen Prozess des „Auf-einen-Knopf-drückens“ hält. Ein kurzes Beispiel: Ed Harris fotografiert aus dem auf der Autobahn fahrenden Cabrio heraus ein Mädchen, dass aus ihrem Wohnmobil, ihren Kopf aus dem Fenster in den Fahrtwind hält. Die Haare des Mädchens wedeln wild nach hinten, Ed Harris trägt einen Hut und scheint trotz paralleler Fahrt in absoluter Windstille zu sitzen, selbstredend kann er problemlos abdrücken und das Foto ist im Kasten. Und diese vollkommen lieblos zusammengefrickelten Szenen gibt es haufenweise; Ed Harris spielt wie ein Berserker Schlagzeug, so das Dave Grohl neidvoll zugeben muss, alles richtig gemacht zu haben und nur noch Gitarrist bei den Foo Fighters zu sein und im nächsten Moment kann er als Todkranker kaum noch laufen (davon abgesehen, dass er einen super austrainierten Bizeps hat, der bei seiner Diagnose vollkommen lächerlich wirkt).
Thema: Letzter Wille – die Idee einen sterbenskranken Menschen bei seinem letzten Willen auf Erden zu zeigen, gehört in den Basisbaukasten menschlicher Geschichtenerzählung und ist schon hunderte Male in den unterschiedlichsten Versionen aufgeführt worden. Hier wird diese Erzählung mit einem gestörten und zu kittenden Vater-Sohn Verhältnis aufgeladen (was jetzt auch eher in den Baukasten von Klischees für Anfänger gehört), aber nicht nur ist alles absolut vorhersehbar, es ist auch vieles sehr unglaubwürdig, auf dem obligatorischen Weg zur Versöhnung von Vater und Sohn. Getoppt wird dies noch mit einem zwingend schmalzigen Filmtod, über den man lieber nicht zu viele Worte verlieren sollte.

Das „Kodachrome“ dann noch eine Story erzählt, bei der man wirklich in jedem Moment weiß, wie die Szene ausgeht bzw. was als nächstes passieren wird, ist ein ebenso trauriges Zeugnis, wie die sich nicht einstellende Erwartung beim Zuschauen, dass ein Film über einen Fotografen wenigstens spektakulär gefilmt sein könnte, aber – sie ahnen es – hier ist nichts in irgendeine ästhetisch ansprechende Weise gefilmt worden. Einzig der Soundtrack ist okayish, mehr aber auch nicht. „Kodachrome“ ist der große Favorit für den schlechtesten Film, den ich 2021 gesehen habe. Möge er hoffentlich gewinnen.

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