The Ballad of Buster Scruggs

Jahr: 2018 | Regie und Drehbuch: Ethan und Joel Coen | Western-Episodenfilm | Länge: 132min | Location: Wilder Westen

Für die neuesten Filme gab es eigentlich bisher immer nur eine Adresse, das Kino. Dahin pilgerte man früher bevor der Strom der Cineasten immer dünner wurde, weil erst das Fernsehen und nun auch Streaminganbieter alternative Angebote anbieten. Die neueste Strategie dieser Streaminganbieter ist es nicht nur den bezahlenden Kunden mit Serien zu unterhalten, sondern ihm eigenproduzierte Filme anzubieten. Und daran beteiligen sich immer bekanntere Größen der Hollywood-Kinoindustrie, so wie die Coen-Brüder, deren Oeuvre eigentlich jedem Kinobesucher irgendwann mal in irgendeiner Form begegnet ist. Mit dem Westernfilm „The Ballad of Buster Scruggs“ liefern sie einen Episodenfilm für netflix ab, der in seiner Struktur noch wie eine Serie wirkt, denn er besteht aus sechs unterschiedlichen Geschichten, deren inhaltliche Gemeinsamkeit das Leben (und Sterben) im Wilden Westen ist.
Wir erleben den singenden Cowboy Buster Scruggs (Tim Blake Nelson), dessen fröhlicher und herzlicher Ton mit seiner Schießwütigkeit größtmöglich kontrastiert. Die zweite Geschichte „Near Algodones“ erzählt von einem Bankräuber (James Franco), der ein sehr abgelegenes Geldinstitut ausrauben möchte, aber einen Tag erwischt, bei dem nichts so richtig funktioniert. In „Meal Ticket“ zeigt ein umherreisender Impresario (Liam Neeson) auf seinem umgebauten Planwagen jeden Abend einen körperlich schwer behinderten Rezitator, der Stücke von Shakespeare oder Teile der Verfassung vorträgt. „All Gold Canyon“ entführt in ein paradiesisches Tal, in welchem ein Goldsucher (Tom Waits) einer Goldmiene auf der Spur ist. „The Gal Who Got Rattled“ ist eine Liebesgeschichte zwischen Alice Longabaugh (Zoe Kazan), die sich mit einem Treck von Kolonisten nach Oregon aufmacht und dem in der Verantwortung stehenden Treckführer Billy Knapp (Bill Heck). Schließlich erleben wir in „The Mortal Remains“ fünf einander fremde Reisende in einer Postkutsche, die über den Sinn des Lebens diskutieren, bevor sie ihr endgültiges Ziel erreichen.

Sechs wundervolle und teilweise gleichzeitig unterschiedlich und ähnliche Geschichten erzählen die Coen-Brüder in „The Ballad of Buster Scruggs“. Immer wieder sehr humorvoll, streckenweise morbid, aber auch mit hintergründigen Anspielungen und Kritik zur Kultur und Politik (besonders in „Meal Ticket“) oder zum Umweltschutz (in „All Gold Canyon) ist dieser Western wie ein hervorragender Erzählband aufgebaut, dessen erzählerische Stärke manchmal noch von den wundervollen Bildern getoppt wird. Abgerundet wird dies durch die gesanglichen Einlagen, welche den über 2 Stunden langen Episodenfilm zu einem Kinoerlebnis zu Haus werden lassen. Vielleicht der bisher beste Netflix-Film.

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