The Man Who Killed Don Quixote

Jahr: 2018 | Regie und Drehbuch: Terry Gilliam | Spielfilm | Länge: 132min

Am Filmset des Regisseurs Toby Grisoni (Adam Driver) ist eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Der selbstverliebte Filmmacher scheint mit seinem neuesten Projekt unzufrieden, wenngleich er von allen Seiten als Star gefeiert wird. Sein Geldgeber (Stellan Skarsgard) hat alle Wünsche seines Regisseurs bewilligt und die Crew für den Don Quixote Streifen nach Spanien bringen lassen. Bei einem Abendessen bemerkt Toby nicht nur die Avancen der Frau des Bosses (Olga Kurylenko), sondern ein fliegender Händler verkauft ihm seinen ersten Film, den er vor 10 Jahren, gar nicht weit weg vom heutigen Drehort aufnahm, sein Erstlingswerk als Filmstudent. Toby, macht sich auf den Weg nach Los Sueños, um den alten Schauplatz wiederzusehen, vielleicht gibt es ihm Inspiration für sein neues Projekt. Doch was er findet sind nur traurige Restspuren seines Wirkens. Die damalige hoffnungsvolle Schauspielerin Angelica (Joana Ribero) scheint eine Escort Dame geworden zu sein und sein damaliger Hauptdarsteller, der Schuhmacher Javier (Jonathan Pryce) lebt in der Vorstellungswelt, er sei immer noch Don Quixote.

Terry Gilliams Film hat eine weit über 20-jährige Vorgeschichte. Schon 1989 wollte er diesen Film machen, aber immer wieder kam es aus unterschiedlichen Gründen dazu, dass alle Dreharbeiten erst 2017 beendet wurden. Das allein ist schon ein Beitrag dazu, wie schwer es sein kann Geschichten zu erzählen (es gibt sogar einen Dokumentarfilm mit dem Titel „Lost in La Mancha“ darüber, wie der Anlauf den Film 2002 zu drehen scheiterte, dazu bald mehr).
Es wäre ärgerlich verkürzt, zu viel Aufmerksamkeit nur auf die Entstehung des Films zu werfen und dabei seinen Inhalt auszublenden. Das Thema von „The Man who Killed Don Quixote“ ist das Erzählen von Geschichten mit der Frage verknüpft, welche Gefahren und Schäden das Geschichtenerzählen hervorrufen kann. Dabei orientiert sich der Film lose am Meisterwerk Cervantes, dessen Thema es ist, dass sich jemand nicht mehr in der Realität zurechtfindet und Windmühlen angreift, weil er sie für gefährliche Riesen hält. Hier setzt Gilliam an, in dem er Geschichten über das Geschichtenerzählen, erzählt und darüber wie man sich in Geschichten verlieren kann. In unserer heutigen Welt, in dem man sich über das Internet seine „Wahrheiten“ zusammenbastelt, um daraus schlüssige Erzählungen zu erstellen, kann man sich ebenso in der Vielzahl von Geschichten, Wahrheiten und Erzählungen verlieren und „wahr“ scheint nicht mehr das zu sein, was sich an vielen objektiven Kriterien messen kann, sondern das, was authentisch wirkt. Und auch wenn Gilliam diesen sehr großen Interpretationsrahmen abmildert, mit der Bemerkung: „I’m incorporating the idea of the damage that films do to people…“, so dass man auch nur auf die Bedeutung von Filmen und Realität schauen kann, so ist doch die Frage zu stellen möglich, in welcher Welt würden wir leben, wenn es keine Filme geben würde? Keine Ideen von großen Verschwörungen, Abenteuern, von Brutalität und Hass, aber auch keine Geschichten von Barmherzigkeit, Zuneigung und Liebe. Schon seit den Höhlenmalereien, und wohl noch viel früher, ist der Mensch ein „Geschichten erzählendes Wesen“. In unseren Zeiten, wo die Realität aus einer unendlichen Summe von Erzählungen zu bestehen scheint, ist es deshalb vielleicht eine gute Idee auf die Gefahren des Geschichtenerzählens zu verweisen.

Auch wenn das vielleicht ein sehr theoretischer Zugang zum Film ist, zeichnet sich dieser doch durch eine Vielzahl von Fantasie aus, einer changierenden Welt aus Film im Film, Kostüm, Rollen, Zuschreibungen etc. Dabei bietet „The Man who Killed Don Quixote“ viele sehr schöne kleine und witzige Details an, in einer vielleicht etwas ausführlich geratenen Länge. Trotzdem ein großartiger, ja ein sehr wichtiger Film, nicht nur für Fans des alten Ritters aus La Mancha.

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