Ich bin kein Auto-Narr. Aber ich schaue ab und an mal Formel 1. Früher mehr, heute weniger (liegt das am Alter?). Meine Aufmerksamkeit begann mit dem Einstieg von RTL in die Rennserie in den frühen 90ern, und mit dem bald darauf einsteigenden Michael Schuhmacher ins rasante Kreisel-Drehen. Ein erstes einschneidendes Erlebnis, dass mir in Erinnerung bleib, war dann die Jugendherbergsfahrt unserer Klasse 9-4 im Jahre 94 nach Oberstdorf. Ich erinnere mich im Grunde an fast gar nichts mehr, außer daran, dass ich in den Schlagzeilen der Bild-Zeitung (nicht gekauft, nur kurz überflogen) erfuhr, dass Rubens Barrichello einen schweren Unfall beim Training für das Rennen in Imola hatte. Als wir am nächsten Tag, einen Samstag, nach Hause fuhren und den Bus bestiegen, erfuhren wir (also wir Jungs, ich kann mich nicht an ein Mädchen in unserer Klasse erinnern, die auch nur irgendein Interesse an Sport hatte), das es sogar einen Toten gab. Logischerweise dachten wir, dass Barichello an den Unfallfolgen verstarb, doch es war der jungen Österreicher Ratzenberger der beim Training einen noch schwereren Crash hatte, so dass er noch auf der Strecke für Tod erklärt wurde. Tags darauf war das Rennen, was ich auch nicht sah, wegen eines Fords. Meine Eltern hatten in den Tagen meiner Abwesenheit in Bayern, einen Neuwagen erworben und dieser wurde einer Einweihungsfahrt unterzogen. Ich bin mir nicht sicher, aber es muss in Höhe des Albertplatzes gewesen sein, als wir im Autoradio vom schlimmen Unfall Aryton Sennas hörten. Auch der dreimalige Weltmeister erlebte das Ende des Sonntages nicht mehr. Zwei Tote und ein Schwerverletzter waren das schlimmste Wochenende der Formel 1 Geschichte und meine erste Erinnerung an ein komplettes Rennwochenende.
Wolf Haas wiederum ist mir seit seinen Brenner-Krimis, die ich ebenso wie seine weiteren Romane sehr schätze, ein Begriff. Erst neulich entdeckte ich, dass Haas auch einen Roman über die Formel 1 schrieb, der 1998 herauskam. „Ausgebremst“ ist ein Krimi, der sich aus der Faszination der Gefährlichkeit und des Todes der Formel1 speist, ein für einen Kriminalroman nahe liegendes und in dieser Form sehr gut umgesetztes Motiv. Haas verwendet die tatsächlichen Rennen und Fahrer und baut sie in seine Geschichte, um einen verurteilten Fan-Artikelverkäufer ein. Tatsächlich reicht der reale Stoff, als dessen ausgezeichneter Kenner sich Hass erweist, fast für einen ganzen Krimisammelband (als schockierende und tieftraurige Wahrheit befinden sich hinter diesem Link, die Liste aller Todesopfer bei Formel 1 Rennen und vielleicht schockierender ist es noch, dass es sich dabei nur um die Rennfahrer handelt und die namenlosen Streckenhelfer und Zuschauer ausgespart sind). Diese Unfälle sind der Hintergrund, der denn spannenden und humorvollen Text nicht nur zu einem sehr lesenswerten Roman macht, sondern der auch die Faszination der Tragik bedient, die hinter all den wagemutigen Fahrern und ihren Unfällen steckt. Nicht nur für Freunde des Autorennsports eine sehr kurzweilige Lektüre.