Westworld – 2.Staffel

Idee: Jonathan Nolan, Lisa Joy | Science-Fiction-Western Serie | 2. Staffel mit 10 Folgen | Erstausstrahlung 2018 bei HBO

Nun endlich, Staffel 2 des imposanten Meisterwerks „Westworld“, dessen erste zehn Folgen mich letztes Jahr gewaltig beeindruckten. Inhaltlich möchte ich gar nicht viel sagen, denn das würde den Genuss der ersten Staffel zu stark spoilern (deshalb sollten alle, welche Westworld noch nie gesehen haben jetzt aufhören zu lesen).

Nachdem spektakulären und für viele tödlichen Ausgang des festlichen Banketts in Westworld nimmt die Handlung einige Tage nach dem Beginn der Rebellion von Dolores (Evan Rachel Wood) wieder auf. Wir begleiten als erstes Bernard (Jeffrey Wright) wie er gedankenverloren von einem Rettungskommando aus einem See gezogen wurde. Im See befinden sich hunderte „tote“ Host-Körper und man fragt sich, wie es zu all dem kommen konnte. Davon berichtet die 2.Staffel.

Und wiederum ist es eine fast schon nicht mehr aufzählbare Fülle von Themen, die sich „Westworld“ widmet. Wie verhält sich von Menschen geschaffenes, aber technologisch-künstliches Leben, im Gegensatz zum Menschen. Kann es ihn übersteigen und wenn ja wie? Moralisch? Körperlich? Bewusstseinsmäßig? Was bedeutet so etwas für die Menschheit, welche immerhin Schöpfer dieser Kreaturen ist? Kann man daraus unendliches Bewusstsein erschaffen und damit so etwas wie ewiges Leben, so wie es beispielsweise in der Black Mirror Folge „San Junipero“ angedeutet wird und wenn ja, wäre dass ein Weiterleben? Wäre dieses Leben eine Kopie des echten Lebens? Kann man einen Menschen überhaupt kopieren und wenn ja, wie würde dieser dann weiter existieren? Diese – und viele andere – sehr zukunftsgewandten Fragen, behandelt die 2.Staffel, die dabei aber immer wieder momentan diskutierte Themen des frühen 21.Jahrhunderts aufnehmen. Denn können Algorithmen uns vielleicht besser verstehen, als wir uns selbst, oder um es beispielhaft zu fragen, wann kennt mich google besser, als ich mich?
Es ist die große Stärke von Westworld zu zeigen, das sich technologisches Bewusstsein sehr mit menschlichen Leben vermischt und so nicht mehr so recht klar ist, wo Grenzen gezogen werden können. Technologie als rationale Schöpfung des Menschen stößt hier an vielen Stellen an religöses, wenn man Religion als einen Weltumgang begreift, in dem sich eine Dimension im Menschen auftut, die er als unfassbar und ewig erlebt. Und dabei wird sogar der Begriff der Zeit zum Problem, denn was ist überhaupt noch jetzt, wenn etwas ewig ist?

Das alles klingt ziemlich komplex, gedankenverloren oder philosophisch und tatsächlich ist die 2.Staffel an vielen Stellen auch für den Zuschauer eine kleine Herausforderung  (die man aber unbedingt aufnehmen sollte, denn das Aha-Erlebnis ist quasi Dauergast beim Zusehen). Das beginnt damit, dass parallel einige Zeitabschnitte erzählt werden und man erst langsam begreift, was vorher und was nachher passierte und die Frage „Is it now?“ wird fast schon zum geflügelten Wort. Trotzdem liegt daran gerade der Spaß, denn Westworld ist in so vielen Szenen, erhellend, rätselhaft und trotzdem aussagekräftig. Eine Reflektion über das Wesen des Menschen und über seine Zukunft. Nur gelegentlich verzettelt sich die Serie ein wenig, taucht ein etwas zu tief in Nebenhandlungen ab, oder wird unsinniger Weise manchmal zu schießwütig. Das ist vielleicht der größte Kritikpunkt, den man der 2.Staffel machen kann, dass sie sich an einigen Stellen um ein wenig zu viel Hollywood-Action-Kino bemüht, wo sie es gar nicht nötig hätte. Aber das sind nur kleine Kritikpunkte, an einer ansonsten großartigen, klugen, spannenden, bildgewaltigen, schauspielerisch herausragenden und imposanten Inszenierung.

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