Boardwalk Empire

In den letzten Monaten habe ich mich etwas schwer getan mit Serien. Irgendwie hat es nie so recht gepasst. Die zweite Staffel von „House of Cards“ wurde irgendwie immer durchsichtiger in ihrer Struktur, weshalb ich erst mal aufhörte, mich darum zu bemühen. Dann schaute ich in eine britische Serie namens „Derek“ rein, die zweifellos sehr sehenswerte Ansätze hat, denn eine Dramedy über ein Altersheim sieht man nicht alle Tage, aber die auch so simpel aufgebaut war, dass man die nächste Szene immer schon im Voraus erahnen konnte.

Also zurück zu einstmals angefixten Sachen. Kurz bevor ich watchever
zugunsten von netflix aufgab, lief dort für sehr kurze Zeit „Boardwalk Empire“. Den Piloten fand ich ganz spannend, also bemühte ich mich um die 1.Staffel, die recht kostengünstig im Einzelhandel zu finden war.

„Boardwalk Empire“ handelt vom Leben in Atlantik City zu Zeiten der Prohibition, also zu Beginn der 1920er Jahre. Der Stadtkämmerer Enouch „Nucky“ Thompson (Steve Buscemi) hält in Atlantic City alle Fäden in seinen Händen und steuert die mafiösen Geschäfte vor Ort. Selbstredend verdient er damit, zusätzlich zu seiner städtischen Stellung, jede Menge Geld. Durch das verhängen der Prohibition kann man nun auch mit Alkoholschmuggel gute Geschäfte machen und Thompson ist stets auf seinen Vorteil bedacht, weiß aber auch dass er nur mit einem guten Image seine Position halten kann. Er hat zwar ein gutes Herz, auf der anderen Seite würde er für seine Geschäfte über Leichen gehen. Margaret Schroeder (Kelly Macdonald) ist eine verarmte irische Einwanderin, die sich vom Leben in der neuen Welt eigentlich mehr verspricht als ihr gewalttätiger Ehemann ihr bieten kann. Sie will nur das Beste für ihre zwei Kinder und hat die Chance plötzlich in Wohlstand zu leben, aber merkt schnell, wie sehr sie in ein Räderwerk rein gerät, dass nicht auf seine Mitmenschen eingeht, sondern nur seinen eigenen Vorteil sucht. James „Jimmy“ Darmody (Michael Pitt) kommt aus dem 1.Weltkrieg zurück und steht unter dem Schutz Nucky’s, jedoch will Darmody selbst für seine Familie sorgen und lässt sich unter anderem mit einem aufstrebenden Gangster namens Al Capone (Stephen Graham) ein. Bundespolizist Nelson van Alden (Michael Shannon) soll in Atlantic City die Prohibition durchsetzen, doch schnell merkt er, dass dies keinesfalls einfach ist, solange der korrupte Thompson hier die Macht hat, dabei ist er mehr und mehr davon überzeugt, dass er die einzige wirkliche moralische Institution der gesamten Stadt ist. Das sind die Hauptstränge der Handlungen, die dann in viele kleine Einzelgeschichten auszweigen.

„Boardwalk Empire“, das auf HBO Premiere feierte, stammt von Terrence Winter, der schon bei den „Sopranos“ mitarbeitete. Als Produzenten holte er sich Martin Scorsese und Mark Wahlberg ins Boot und gibt so dem Ganzen den notwendigen Glamour. Die Story entwickelt sich zu einer Mafia-Geschichte ist jedoch anders als die Mutter aller Mafia-Serien, die „Sopranos“ angelegt. Hier steht weniger die Familie im Mittelpunkt, sondern (soweit man das nach einer von fünf Staffeln sagen kann) es geht um Machtspiele gegenüber Moral, um das Streben nach Erfolg und die Frage, was man mit wem machen darf und was nicht. Bei allen vier gerade genannten Charakteren, wird, grob zusammengefasst, eine zeitgemäße Frage diskutiert, nämlich wie sich ein Einklang zwischen einem beruflichen oder auch öffentlichen Leben das (insbesondere in Atlantic City) nach Eigennutz und Bevorteilung strebt, mit einem privaten Dasein, dass auf Fürsorge und Zuneigung angelegt ist, erzielen lässt. Während Nucky vor dem Problem steht, wie weit er sich im Privaten vom beruflichen Eigennutz entfernen kann, ist es bei Margaret genau umgekehrt, wie viel Eigennutz kann sie moralisch zulassen und wo hört privates Selbstsein auf und fängt gesellschaftliche Schauspielerei an. Jimmy steht vor der Frage, wo überhaupt die Grenze zwischen privater Fürsorge und beruflichen Fortkommen ist und bei Agent van Holden fällt schließlich auf, dass er diese Trennung von privater und beruflicher Moral scheinbar gar nicht kennt, da in seinem Verständnis alles Tun einem hören, selbst auferlegten ethischen Gesetz verpflichtet sei.
Die Dynamik und Spannung der Serie stammt eindeutig von seinen interessanten Charakteren, die souverän eingeführt, dargestellt und ausgebaut werden. Die Story ist dabei spannend, wenngleich nicht spektakulär. Freizügig geht es allemal zu, auch wenn die (heutige) Ästhetik der Körper wohl dem historischen Original vorgezogen wird, aber das ist eine Randnotiz. So ist „Boardwalk Empire“ eine durchaus fesselnden Serie, die nichts revolutioniert, die aber gut erzählt ist und auf deren zweite Staffel ich mich schon freue.

Schreibe einen Kommentar