Sharp Objects

Jahr: 2018 | Idee: Marty Noxon | Regie: Jean-Marc Vallée | Mini-Serie | Krimi-Psycho-Drama | 8 Folgen | Location: südliches Missouri | Erstausstrahlung auf HBO

Camille Pricker (Amy Adams) ist Reporterin einer Zeitung in St. Louis und wird von ihrem Chef (Miguel Sandoval) in ihre Heimstadt Wind Gap ins südliche Missouris geschickt, einen Ort der ziemlich gut als Sinnbild für die Provinz gelten kann (Missouri als Schauplatz von Filmen oder Serien zu nehmen ist momentan ziemlich beliebt, denkt man nur im letzten Jahr an „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ oder an „Ozark“). Hier sind zwei junge Mädchen verschwunden und Camille soll darüber berichten. Was ihr Chef ihr nicht sagt ist, dass er neben der Story auch Interesse daran hat, dass Camille ihr Leben in Ordnung bringt, denn sie ist Alkoholikerin und das ist vielleicht noch nicht mal das Schlimmste, was sie ihrem Körper antut. In Wind Gap angekommen bereitet es ihr einige Mühe, ihre Mutter Adora (Patricia Clarkson) wieder zu sehen, zu der sie immer ein sehr gespanntes Verhältnis hatte. Adora ist der Mittelpunkt von Wind Cap in ihrem herrschaftlichen Anwesen residierend, das noch von ihrer jüngsten Tochter Amma (Eliza Scanlen) und deren Vater Alan (Henry Czerny) bewohnt wird. Die Polizei, die neuerdings von einem speziell aus Kansas City eingeflogenen Detective (Chris Messina) unterstützt wird und dessen Gesellschaft Chief Vickery (Matt Craven) nicht sonderlich gefällt, kommt bei ihrer Suche wenig bis gar nicht voran. Camille beginnt in ihrer Heimatstadt, das Verschwinden der beiden Mädchen zu recherchieren, nicht ohne immer wieder mit ihrer eigenen Geschichte, ihrer Kindheit und Jugend konfrontiert zu werden.

„Sharp Objects“ ist neben einer Krimiserie, vor allem eine sehr eindrucksvolle Geschichte über das Leben in den Tiefen und Abgründen des kleinstädtischen Lebens und das Großwerden unter einer selbstverliebten Mutter. Das wird von Amy Adams herausragend gespielt, die nicht nur die Risse in ihrer Seele bemerkenswert und langanhaltend darstellt. Auch Patricia Clarkson als eine der schlimmsten Mütter der letzten Fernsehjahre überzeugt und gewann dafür erst kürzlich einen Golden Globe. Langsam, aber sehr eindrücklich, beschreibt die Serie die düstere Atmosphäre der Stadt, in dessen sommerlicher Schwere die kleinen, mehr oder weniger geheimen, Abgründe der Einwohner aufblitzen zu scheinen. Das ist herausragend gespielt, präzise in Szene gesetzt und wundervoll in Bildern aufgenommen und macht „Sharp Objects“ zu etwas sehr Besonderem. Jedoch dreht sich die Serie ab Episode 7 erheblich, was daran liegt, dass sie irgendwann einmal beginnen muss, den Kriminalfall verstärkt betrachten zu müssen. Und hier verliert „Sharp Objects“ leider recht stark. Aus den starken und geheimnisvollen Charakteren werden Karikaturen und aus dem geheimnisvollen Wind Gap wird ein Märchenort mit bösen Figuren. Diese Dramatisierung (die von mir hier ebenfalls etwas dramatischer dargestellt wurde) könnte man noch verschmerzen, aber auch das Tempo der Serie verändert sich, wirkt hektischer und in der letzten Episode kommen dann neben eigenwilligen Ideen, was ausführlich in der Handlung dargestellt wird und was nur angeschnitten ist, einige kleinere logische Probleme hinzu. So ist man beim Fazit von „Sharp Objects“ ziemlich hin und her gerissen, denn über weite Teile ist diese Serie ein begeisterndes, fast schon süchtig machendes Psycho-Drama mit tollen Schauspielern, dass allerdings ein recht mittelmäßiges Ende hat, dass in dem Moment einsetzt wo aus dem Psychodrama eine Krimiserie wird.

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