Swimming Pool

Regie & Drehbuch: François Ozon (Drehbuch mit Emmanuèle Bernheim) | Jahr: 2003 | Thriller | Location: eine Villa mit Pool in Südfrankreich

Eine nicht wirklich gut gepflegte Reihe auf dieser Seite nennt sich „Filmklassiker der Jahrtausendwende“, und es ergab sich – in den vollkommen unerklärlichen Zuständen meiner persönlichen Filmauswahl –, dass ich „Swimming Pool“ von François Ozon in meiner Filmdatenbank auswählte. Es ist ein Film, der schon wegen seines Titels zum Sommer passte, aber nicht im Freibad, sondern auf der heimischen Fernsehcouch geschaut wurde. Ich hatte den Film schon vor etwa 15 Jahren gesehen, und das Einzige, woran ich mich erinnerte, war ein Shift in der Perspektive des Films im Laufe der Handlung. „Swimming Pool“ weiterlesen

Queer

Regie: Luca Guadagnino | Drehbuch: Justin Kuritzkes | Jahr: 2024 | Drama | Location: die 1950er Jahre in Lateinamerika

Es gibt Titel, die laden mich eigentlich nicht wirklich ein, tieferes Interesse zu entwickeln. Da mögen Sie mich jetzt für einen ignoranten, alten, weißen, heterosexuellen Mann halten, geneigter Leser, aber beim Titel „Queer“ habe ich in meinem Indie-Film-Kino im Internet eher weitergewischt. Jedoch ereilte mich das Glück, dass mir aus glaubhafter Quelle versichert wurde, der Film und insbesondere Daniel Craig seien ausgezeichnet, und ich kann bestätigen, dass dies der Fall ist, und wie!

Der US-Amerikaner William Lee (Daniel Craig) ist zu Beginn der 1950er Jahre in Mexiko-Stadt gelandet, da er seine Drogensucht und Homosexualität in der amerikanischen Heimat nicht mehr ausleben konnte. Die Hitze und die als suboptimal zu bezeichnenden Lebensumstände machen das Aufspüren promiskuitiver Partner nicht gerade einfach. Als Lee einen Mann entdeckt, der sein Interesse fesselt, geht ihm der Ex-Soldat Eugene Allerton (Drew Starkey) nicht mehr aus dem Kopf, und er verliebt sich in ihn. Doch Eugenes Gefühle, ja sogar seine sexuelle Orientierung, sind für Lee nicht klar. „Queer“ weiterlesen

Peter Stamm – Das Archiv der Gefühle

Aus der Reihe: aus fremden Regalen

Erschien 2021 bei S.Fischer Verlag mit 190 Seiten

Ich stelle zunehmend fest, dass mich die Romane und Erzählungen des Schweizers Peter Stamm auch auf einer weiteren Ebene interessieren. Neben seiner klaren Sprache und seiner realistischen, aber stets ruhigen und angenehm unspektakulären Erzählweise haben seine Geschichten eine Tiefe, die aus seinen Texten eine Fundgrube über Weltsichten und das Leben an sich werden lässt. „Peter Stamm – Das Archiv der Gefühle“ weiterlesen

Ewige Jugend

Originaltitel: „Youth“ | Drehbuch & Regie: Paolo Sorrentino | Jahr: 2015 | Tragikomödie | 118min | Location: in den Bergen der Schweiz

Es fällt mir zunehmend schwerer, ohne Lesebrille auf mein Handy zu schauen oder Bücher zu lesen. Im Moment, in dem ich diese Zeilen tippe, arbeite ich (noch) ohne Brille, auch dank eines schönen großen Bildschirms vor mir, aber wie lange noch? Ich sage es mit den geringstmöglichen Umschweifen: Das Alter (in Form des Verfalls, nicht so sehr der Weisheit) meldet sich langsam auch beim Autor dieser Zeilen. „Ewige Jugend“ weiterlesen

Der phönizische Meisterstreich

Originaltitel: The Phoenician Scheme |  Jahr: 2025 | Regie & Drehbuch: Wes Anderson | Tragikomödie | 105min

Nachdem Wes Anderson vor zwei Jahren mit „Asteroid City“ vielleicht seinen besten Film veröffentlicht hat, war die Freude groß, durch diverse Marketingmaßnahmen (Kinotrailer, der Algorithmus sozialer Netzwerke und Filmplakate) von seinem neuesten Kinofilm zu erfahren, bei dem wieder ein Großaufgebot von Stars zu sehen ist. Die Hauptrolle spielt diesmal Benicio del Toro, der – wie mir langläufig bekannt ist – bei einigen Menschen zu größeren ästhetischen Verzückungen führt (und den ich selbst ein-, zweimal mit Brad Pitt verwechselt hatte, was allerdings lange her ist[1]) sowie die mir unbekannte Mia Threapleton, die übrigens die Tochter der großartigen Kate Winslet ist.

Zsa Zsa Korda (Benicio del Toro) ist – um es großzügig zu umschreiben – Kapitalist und tätigt seine Geschäfte mit und gegen alle anderen, seien es Staaten, die Unterwelt, andere Unternehmer, Verwandte. Unglücklicherweise zieht dies einige Feindschaften auf sich, und so muss sich Korda diversen Attentatsversuchen, die gelegentlich in Flugzeugabstürzen münden, erwehren. Nach einer weiteren unsanften Landung erwartet er seine einzige Tochter Liesl (Mia Threapleton), die nach dem Tod ihrer Mutter in ein Kloster geschickt wurde. Nun soll sie jedoch das gewaltige Erbe von Korda antreten, was Liesl nur mit Widerwillen tut, denn erstens sind die Geschäfte des Vaters nicht ungefährlich und Leichen pflastern ihren Weg, und zweitens sind sie moralisch eindeutig fragwürdig und mit Liesls Religion nicht zu vereinbaren. Doch Korda bleibt insistierend und erläutert Liesl einen letzten großen Geschäftsplan, den phönizischen Meisterstreich, der 150 Jahre Reichtum verspricht. Allerdings muss vorher eine nicht unerhebliche Finanzierungslücke geschlossen werden. Und so reisen Liesl und ihr Vater sowie der norwegische Entomologe Björn (Michael Cera), welcher in Personalunion Hauslehrer und Adjutant von Zsa Zsa wird, durch Phönizien, fädeln Deals ein, verschenken Handgranaten (eine scheinbar landestypische Spezialität) und kommen sich als Vater und Tochter näher. „Der phönizische Meisterstreich“ weiterlesen

T.C. Boyle – Talk Talk

Erschien im amerikanischen Original 2006 bei Viking | deutsche Übersetzung von Dirk von Gunsteren hier vorliegend als dtv Taschenbuch von 464 Seiten

So ziemlich genau vor einem halben Jahr (und in einem halben Jahr) war die Vorweihnachtszeit, und solche Jahreszeiten ermuntern das konsumfreudige Gemüt fast noch ein kleines bisschen mehr, die hart verdienten Groschen vom eigenen Konto in den wirtschaftlichen Kreislauf zurückzuführen. In jenen Tagen sah ich im „Zweitbuch“ Wiesbaden zwei Romane von T.C. Boyle. Während Roman eins, eine aktuelle Ausgabe des amerikanischen Meisters, über den Umweg Weihnachtsgabe in mein Bücherregal fand (und sich auch auf diesem Blog schon findet), war Roman zwei quasi eine Tsondoku-Inspiration, die sich aus der Motivation speiste, dass ich irgendwann einmal alle T.C. Boyle-Romane in meinem Bücherregal begrüßen möchte.[1]

„T.C. Boyle – Talk Talk“ weiterlesen

Benjamin Labatut – Maniac

Erschien 2023 im englischen Original „The Maniac“ bei Penguin Press | deutsche Übersetzung von Thomas Brovot als hier vorliegendes Taschenbuch 2024 bei Suhrkamp mit 397 Seiten

Man kann noch nicht sagen, wohin uns die Entwicklung tragen wird. Werden wir in 20 Jahren alle nur noch vor Geräten sitzen und mit einer Künstlichen Intelligenz interagieren? Wird unsere direkte Sozialität untereinander verschwinden, weil es viel angenehmer, weniger störend und befriedigender sein wird, nur noch mit einer KI zu sprechen, die uns kennt und genau weiß, wie sie eine Kommunikation mit uns zu führen hat?
Oder wird es KI in 20 Jahren nicht mehr geben, weil sie uns als Menschheit stört, nicht hilft oder alles viel komplizierter macht? Das sind sicherlich extreme Pole einer Zukunft, von der wir heute vielleicht nur ahnen können, wie dynamisch sie sein wird. „Benjamin Labatut – Maniac“ weiterlesen

Sommer 85

Originaltitel: „Été 85“ | Jahr: 2020 | Regie & Drehbuch: François Ozon | Drama | 101min | Location: Normandie in den 1980ern

Dem ein oder anderen mag es aufgefallen sein, der Sommer kommt gerade zur Tür hinein und es gibt keine Jahreszeit – so finde ich – die solche Emphase und ein solches Versprechen mitbringt, wie die warmen und freien Monate in der Jahresmitte.

Der 16-jährige Gymnasiast Alexis (Félix Lefebvre) wohnt seit zwei Jahren an einem Küstenort in der Normandie. Als er bei einem Bootsausflug auf einer kleinen Jolle allein in ein Unwetter gerät und kentert, hilft ihm der 18-jährige David (Benjamin Voisin). Er bringt Alexis zu sich nach Hause, wo er hilfsbereit und freundlich von Davids Mutter (Valeria Bruni Tedeschi) aufgenommen wird. David und Alexis werden Freunde und schließlich ein Paar, ohne dies jedoch jemandem groß zu offenbaren (wir befinden uns in den 1980er Jahren). Aber für Alexis wird David seine erste große Liebe. Doch auch der beste Sommer geht einmal zu Ende, und der Herbst (hier in Form des Dramas) steht vor der Tür. „Sommer 85“ weiterlesen

Pacifiction

Jahr: 2022 | Regie & Drehbuch: Albert Serra | Spielfilm | 165min | Location: Tahiti

Der französische Hochkommissar De Roller (Benoît Magimel) ist auf der polynesischen Insel Tahiti so etwas wie ein Mann für alles. Man findet ihn gefühlt überall, ob bei Empfängen oder in zwielichtigen Etablissements, immer darum bemüht, den Lauf der Dinge in die richtige Bahn zu leiten. Ein Schiff der französischen Marine ist auf der Insel angekommen und Gerüchte kommen auf, dass man die vor 20 Jahren beendeten Atomtests wieder aufnehmen will. „Pacifiction“ weiterlesen

Interior Chinatown

Idee: Charles Yu | Comedy-Drama Miniserie | 10 Folgen | veröffentlicht 2024 auf Hulu (international bei Disney+)

Wie könnte man am besten einen Artikel zu einer wunderbaren Serie eröffnen? Man müsste schreiben, warum einen diese Serie persönlich so berührt hat, warum man auf sie gekommen ist. Vielleicht auch, in welchem Kontext die Serie steht, ob nun im Genre oder gesellschaftlich allgemein. Und vielleicht könnte man schon darauf anspielen, warum einem die Serie so gut gefallen hat. „Interior Chinatown“ weiterlesen