Sommer 85

Originaltitel: „Été 85“ | Jahr: 2020 | Regie & Drehbuch: François Ozon | Drama | 101min | Location: Normandie in den 1980ern

Dem ein oder anderen mag es aufgefallen sein, der Sommer kommt gerade zur Tür hinein und es gibt keine Jahreszeit – so finde ich – die solche Emphase und ein solches Versprechen mitbringt, wie die warmen und freien Monate in der Jahresmitte.

Der 16-jährige Gymnasiast Alexis (Félix Lefebvre) wohnt seit zwei Jahren an einem Küstenort in der Normandie. Als er bei einem Bootsausflug auf einer kleinen Jolle allein in ein Unwetter gerät und kentert, hilft ihm der 18-jährige David (Benjamin Voisin). Er bringt Alexis zu sich nach Hause, wo er hilfsbereit und freundlich von Davids Mutter (Valeria Bruni Tedeschi) aufgenommen wird. David und Alexis werden Freunde und schließlich ein Paar, ohne dies jedoch jemandem groß zu offenbaren (wir befinden uns in den 1980er Jahren). Aber für Alexis wird David seine erste große Liebe. Doch auch der beste Sommer geht einmal zu Ende, und der Herbst (hier in Form des Dramas) steht vor der Tür.

Dass ich ein großer Fan von François Ozon bin, ist diesem Blog leider nicht abzulesen, was auch daran liegt, dass ich Filme wie „Swimming Pool“ oder „5×2“ leider schon lange vor der Zeit sah, als ich begann, mir Notizen zu Filmen anzufertigen. Wie schön ist es, dass der Independent-Filmanbieter MUBI eine ganze Reihe von Ozon-Filmen im Sortiment hat. „Sommer 85“ war nicht nur deshalb der am dringendsten anzusehende Film, weil der Sommer im Grunde gerade die Türschwelle des Jahres 2025 überschreitet, sondern auch weil er nur noch sehr wenige Tage in der Datenbank verfügbar war.

Als Sommerfilm, der uns zeigt, dass Liebe, Freiheit und Glück in der Luft liegen, überzeugt „Sommer 85“. Er erinnert uns daran, dass es für jeden mindestens diesen einen Sommer gab, der unsere Jugend und unser werdendes Erwachsenenleben prägte und dessen Erinnerungen noch in uns nachhallen. Ozons Film schafft es, die Optik der 1980er Jahre äußerst realistisch zu inszenieren (und eben nicht mit einem optischen Chic, sondern mit einem echten Gefühl dafür, was war). Das Ende des Films, oder sagen wir mal das Drama, driftet für meinen Geschmack aber sehr ins „Too much“ ab. Ozon versucht hier das Theatralische etwas zu stark zu bemühen, braucht er es doch, um die Spannung zu erhalten, die er schon im Einstieg des Films wählt, um den Erzählbogen zu halten. Das wirkt leider viel zu viel, und die eigentlich sehr gute Leistung von Félix Lefebvre wird der Anmutung einer griechischen Tragödie geopfert, was schade ist. Denn „Sommer 85“ baut die Themen Liebeskummer, Vermissen und den Tod auf und betont, dass das, was wir von anderen sehen, immer nur unser Bild ist, das wir von anderen haben, auch wenn uns Gefühle wie die Liebe suggerieren, dass wir im anderen geliebten Menschen aufgehen würden. Trotz dieser kleinen Kritik ist „Sommer 85“ ein sehr sehenswerter Film, ein Coming-of-Age-Drama und vor allem ein Film für die nächsten Monate!

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