The Wire – Die wichtigsten Charaktere

Anders als bei Filmen, bereiten Serien dem Zuseher eine Melancholie des Abschieds, wenn sie beendet sind. Dabei spielt natürlich die größte Rolle, wie sehr man sich an die Charakter der Serie gewöhnt hat, wie sehr man als Zuseher mit ihnen gelitten hat und wie sehr sie einem Fehlen werden. Wie bei den „Simpsons“ kennt man nach einer Weile die Figuren, die sich entwickeln, anders aber als bei den „Simpsons“ entreißt einem „The Wire“ auch diese, was einen zusätzlichen Realismus der Serie ausmacht. Im folgenden Sollen die wichtigsten Charaktere kurz vorgestellt werden:

Hauptfiguren bei Polizei und Justiz:

Jimmy McNulty (Dominic West): Jimmy ist zweifellos einer der, wenn nicht die Hauptfigur der Serie und das obwohl er in der 4.Staffel kaum auftaucht. Er ist ein von der Arbeit besessener, der nur das tut was er für richtig hält, ein Lebemann, der den Frauen ebenso zugetan ist, wie dem Alkohol. Durch seine eigenwillige, teilweise sogar selbstsüchtige Art eckt er fast überall an und hat mehr Feinde als Freunde, was auch dazu führt das McNulty während der gesamten Serie hindurch viele Jobwechsel erlebt bis er es am Ende übertreibt. Er ist der typische Held mit Ecken und Kanten, der gut aussehende, der für die Gerechtigkeit kämpft, der aber eben auch ein selbstverliebtes Ego hat. Am Ende bleibt die Frage, ob McNulty glücklich wird ungeklärt, aber wünschen würde man es ihm schon.

Cedric Daniels (Lance Reddick): Anders als McNulty ist Daniels streng loyal zu seinen Vorgesetzen, als auch zu den Regeln der Polizei. Er übernimmt die Sondereinheit in Staffel 1 und trägt während der ganzen Serie ein Geheimnis mit sich herum, das nie aufgelöst wird. Er scheint in tiefer Vergangenheit einen Fehler gemacht zu haben, der ihm auf die Füße fallen kann. Das steht in einem gewissen Kontrast zu seinem Auftreten und lässt ihn etwas mysteriös erscheinen. Daniels, der immer so läuft als hätte er zwei Kilo Kraftfutter zu viel gegessen und Rhonda Pearlman werden im Laufe der Serie ein Paar und sind die einzige beständige und funktionierende Partnerschaft der gesamten Serie.

Bunk Moreland (Wendell Pierce): Obwohl Bunk eigentlich immer bei der Mordkommission arbeitet und die Spezialeinheit nur von der Freundschaft mit McNulty kennt wird er im Laufe der Serie immer wichtiger. Er ist der alte Hase der Truppe, ein Detektiv alter Schule, der jedes Ritual der Mordkommission mitmacht.

Kima Greggs (Sonja Sohn): Kima arbeitet eigentlich bei der Drogeneinheit der Stadt wird aber zur Sonderkommission versetzt. Sie ist Lesbisch und ihre Beziehung zerbricht am Kinderwunsch ihrer Frau. In der maskulinen Welt der Polizei steht sie ihren Mann. Ihre Figur überlebt fast nicht die 1.Staffel und war für mich, diejenige mit der ich am wenigsten von den Polizeimitarbeitern anfangen konnte.

William Rawls (John Doman): Rawls arbeitet sich vom Major der Mordkommission zum Polizeichef der Stadt hoch. Ihm geht es nie wirklich um Polizeiarbeit, sondern immer nur um sein Fortkommen im System. Dabei ist er natürlich ein Ekel, aber lernt man mal den Menschen hinter dem Ekel kennen, so scheint er schon wieder etwas weniger unsympathisch.

Ervin Burrell (Frankie Fason): Ähnlich wie Rawls stellt auch Burrell die Seite der Polizeiführung dar. Er wird zum Polizeichef ernannt und ist dies auch die längste Zeit in der Serie. Sein Job ist es die Befehle der politischen Führung entgegen zu nehmen und diese, gemeinsam mit Rawls umzusetzen. Anders formuliert, er hat einen Scheißjob. Er macht sich nicht nur bei der Polizei unbeliebt mit der Forderung Statistiken zu verbessern, sondern sein Stuhl wackelt mehr oder weniger immer, da die Verantwortung immer ihm zugeschoben wird.

Rhonda Pearlman (Deirdre Lovejoy): Die Staatsanwältin ist, wie schon erwähnt, äußerst attraktiv, und anfangs in McNulty verliebt, der sie und ihre Beziehung aber nicht ernst nimmt. So wendet sie sich später Daniels zu und beide werden ein Paar. Das ist anfangs für den Zuschauer etwas verwirrend, aber gewöhnt man sich daran muss man zugeben, dass beide ein hervorragendes Paar abgeben. Dabei sieht Ronnie, wie sie von McNulty genannt wird, nicht nur blendend aus, sondern ihre Eloquenz als auch ihre Auffassungsgabe machen sie zum juristischen Arm der Sondereinheit ohne den diese keinerlei Einfluss hätte.

Lester Freamon (Clarke Peters): Lester kommt zur Spezialeinheit als ausrangierter Polizist, der nur noch Puppenhausmöbel schnitzt, da er innerhalb der Polizei kalt gestellt wurde. Warum, weiß man nicht genau. Er hat ein außerordentliches Talent größere Zusammenhänge zu erkunden und ist das Gehirn der Spezialeinheit, der besonders Geschick darin hat Abhöraktionen zu koordinieren. Ähnlich wie McNulty tut er sehr viel, um ein Ziel zu erreichen ist dabei aber zurückhaltender und durchdachter, was ihn aber nicht unsympathisch macht, auch weil er sich gleich in der 1.Staffel eine bedeutend jüngere Bartänzerin, die Zeugin ist, als Freundin schnappt (deren Beziehung im weiteren Verlauf der Serie aber kein Thema mehr ist).

Beatrice „Beadie“ Russel (Amy Ryan): Beadie spielt eigentlich nur in der 2.Staffel als Hafenpolizistin eine wichtige Rolle, taucht aber im weiteren Verlauf immer mal wieder auf, weil sie die Freundin von McNulty wird und es in der 4.Staffel auch scheinbar tatsächlich schafft seine wilde und selbstzerstörerische Art zu zügeln, was automatisch dazu führt das man ihn dort fast gar nicht mehr sieht.

Elis Carver (Seth Gilliam): Carver arbeitet sich im Laufe der Polizei im Dienst hoch. Dieser Aufstieg wird aber begünstigt durch einen Zwischenfall in Staffel 1, als Carver als Spitzel der Einheit bei Burrell enttarnt wird. Er ändert daraufhin seine Einstellung, widmet sich vorbildhaft der guten Polizeiarbeit und wird so etwas wie ein wirklich guter Polizist.

Thomas „Herc“ Hauk (Domenick Lombardozzi): Ähnlich wie Carver ist Herc in der Sondereinheit für Bewachung zuständig. Anders als Carver jedoch ist er nicht immer der Schnellste beim Nachdenken, was ihm schnell das Image eines Trottels einbringt. Trotzdem versteht es Herc sich hochzuarbeiten, wird aber erst wirklich erfolgreich, als er aus dem Dienst ausscheidet (nachdem er eine Menge Mist gebaut hat, dessen Konsequenzen der Polizei gar nicht im vollen Umfang klar werden).

Roland „Prez“ Pryzbylewski (Jim True-Frost): Prez scheint nur durch Beziehungen in die Sondereinheit zu kommen und macht dort auch gleich von Beginn an keine gute Figur, da er etwas zu schnell zur Selbstverteidigung neigt und deshalb lieber Innendienst schieben muss. Trotzdem wird er ein hervorragender Code-Knacker bei der Sondereinheit und bildet mit Freamon ein sehr erfolgreiches Ermittlerduo. Als jedoch er bei einem Einsatz wieder einen verhängnisvollen Fehler macht, wird er entlassen und taucht als Lehrer wieder auf. Anfangs auf verlorenem Posten in einer Problemschule steckend entwickelt er sich zu einem angesehenen Menschen in der Bildungsinstitution.

Leander Sydnor (Corey Parker Robinson): Sydnor ist eigentlich immer für die weniger wichtigen Überwachungsjobs zuständig, ist aber mit Freamon einer der wenigen Mitarbeiter, die wirklich langjährig in der Spezialeinheit arbeiten. Sein im Ausblick der 5.Staffel angedeuteter Weg in der Zukunft lässt den Zuschauer zufrieden schmunzeln.

Hauptfiguren in den Drogenvierteln und deren Umfeld:

Avon Barksdale (Wood Harris) Avon ist der Chef des Barksdale Drogen Clans der die Westside in Baltimore kontrolliert. Er war Straßenkämpfer und hat sich seine Reviere unter erheblichen Gewalteinsatz verschafft. Zu Beginn der Serie diversifiziert er seine Einnahmen, versucht Geld in andere, scheinbar legale Projekte zu stecken, bleibt aber ein Straßenkämpfer. Als er in der 2.Staffel ins Gefängnis muss, erobert er auch dort schnell die Führungsposition unter den Insassen. Nach seiner Freilassung kommt es langsam aber sicher zum Bruch mit seinem besten Freund Stringer Bell, der letztendlich den gesamten Barksdale Clan zu Grunde richtet

Russell „Stringer“ Bell (Idris Elba): Stringer ist Avons Geschäftsführer, er ist der Geschäftsmann im Clan. Seine Aktionen sind stets bedacht. Er ist kein Kämpfer, versucht alles mit Geld zu lösen (was allerdings das Anheuern eines Mörders inkludiert) und entwickelt sich zum distinguierten Geschäftsmann. Sein Ziel ist es den Barksdale Clan aus der Schmuddelecke herauszuführen und alle Gelder zu legalisieren, nicht nur weil er Angst vorm Gefängnis hat, sondern auch weil er in seinem Herzen lieber ein Spieler und ehrenwertes Gesellschaftsmitglied als ein Kämpfer ist.

D’Angelo Barksdale (Larry Gillard Jr.): D organisiert den Drogenhandel für den Barksdale Clan im Pit, einer wenig einladenden Wohngegend. Als Neffe von Avon steht er unter familiären Schutz, hat aber nicht dessen Straßenfighter Mentalität. Er scheint das gute Gewissen der Gang zu sein und wendet sich mehr und mehr von ihr ab, lässt sich dann aber doch von seiner Mutter dazu überreden nicht als Kronzeuge aufzutreten, sondern lieber 20 Jahre ins Gefängnis zu gehen, um die Einnahmen des Clans nicht zu gefährden. Er wird in der 1.Staffel klar als Hauptfigur aufgebaut, umso schockierender ist sein plötzlicher Tod in Staffel 2, als Stringer Bell in umbringen lässt.

Bubbles (Andre Rojo): Bubbles ist Drogensüchtiger und geheimer Informant der Polizei, die ihn jedoch mit zunehmender Serienlänge mehr und mehr vergisst. Bubbles Leben an der Nadel scheint immer mehr den Bach runter zu gehen, er versucht sich mit Beschaffungskriminalität über Wasser zu halten und man erwartet sein baldiges Ableben, doch Bubbles sinkt nicht tiefer, sondern zieht sich immer mehr aus dem Schlamassel heraus. Er ist das Beispiel wie hart das Leben als Drogenabhängiger auf der Straße und wie steinig der Weg zurück zu einer drogenfreien und gesunden Existenz ist.

Omar Little (Michael K. Williams): Omar ist der Robin Hood von Baltimore. Wobei er eigentlich nur bei den Drogengangs stiehlt, aber nicht wirklich viel den Armen gibt, denn die würden es eh nur wieder für Drogen an die Gangs zurück zahlen. Er ist zwar ein Räuber, jedoch hat er moralische Standards, die er einhält (wenngleich diese auch nur besagen, Böse kannst du im Notfall töten, „Zivilisten“ lässt du leben). Außerdem ist er gern auch auf Rachemission unterwegs. Obwohl er sich als harter Straßenkämpfer gibt, der gern mit einer gepfiffenen Melodie auf den Lippen einen Raub startet, und mit seiner Narbe im Gesicht wie eine Legende des Kampfes aussieht, hat er doch ein weiches Herz und ist, was im Straßengangsterumfeld unüblich erscheint, homosexuell. Er ist wohl die von den Zuschauern am meisten geschätzte Figur der Serie, jedenfalls ist auf T-Shirts zur Serie zumeist sein Konterfei zu sehen. US-Präsident Obama, der „The Wire“ auch als eine seiner Lieblingsserien bezeichnet hat, gab an besonders am vielschichtigen Charakter von Omar Gefallen gefunden zu haben. Auch wenn er in einigen Dingen wohl nicht Recht hat, hier irrt er nicht.

Preston „Bodie“ Broadus (J.D. Williams): Bodie ist ein Eckenjunge der ersten Stunde und arbeitet unter D. Er will weiter Aufsteigen und führt seinen ersten Mord unter Avons Befehl aus, auch weil dieser weiß, dass sein Neffe gegen diese Aktion opponieren würde. Das alles macht ihn nicht sympathisch. Trotzdem ändert man als Zuschauer mit der Zeit seine Meinung. Bodie steigt nicht auf, er macht seine Arbeit an der Ecke, ist ein loyaler Mitarbeiter, mehr aber auch nicht. Als der Barksdale Clan den Krieg gegen Stanfield verliert werden die Zeiten für ihn rauer. Man fühlt wie seine Luft immer dünner wird.

Proposition Joe (Robert F. Chew): Prop Joe wird in der 1.Staffel als Gegenspieler von Avon eingeführt. Er regiert den Drogenmarkt auf der EastSide. Aber statt Krieg will er lieber Miteinander und einen lukrativen Markt für alle Drogendealer offen halten. Er verfügt über gute Kontakte zum Griechen, der Rohheroin liefern kann (mehr zum Thema Heroin finden sie hier). Er gründet später die Co-Op, also eine Kooperation der Drogenhändler Baltimores, die wie in einer Zunft alle gemeinsamen Themen regelt. Aber sowohl Avon, als auch später Marlo Stanfield sind keine Freunde dieser Idee, da sie größere Pläne haben. Prop Joe verfügt weiterhin über hervorragende Kontakte zur Justiz, die seine Verfolgung durch die Polizei erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen.

Marlo Stanfield (Jamie Hector): Marlon ist ein Aufstrebender junger Drogenbaron, der in der Westside den Barksdale Clan herausfordert. Würde dieser nicht im internen Streit zwischen Avon und Stringer versinken wäre er wohl nie so schnell der Boss der Westside geworden. Einmal jedoch dort angekommen, etabliert er ein tödliches Regime. Gegner und auch eigene Leute werden für die kleinsten Sachen ermordet. Marlo geht dabei gefühlskalt und rational vor, außer es geht um seinen Namen, dann sinnt er sofort nach Rache.

Chris Partlow (Gbenga Akinnagbe): Chris ist Marlows Killer. Er tötet ohne Gefühle und erledigt seine Aufträge mit hoher Gewissenhaftigkeit. Persönlich scheint ihm nur sein nächster Auftrag wichtig. Er spät erfährt man, dass er eine Familie hat.

Snoop Pearson (Felicia Pearson): Bei Snoop dachte ich eine ganze Staffel lang, sie wäre ein Mann. Ist sie aber nicht. Sie ist Chris Gehilfin bei ihren Todesaufträgen. Anders als Chris empfindet sie Freude am Mord, scheinbar reizt sie die Macht, die sie dadurch ausüben kann. Nicht zu Unrecht sagte Stephen King über sie: „möglicherweise der furchteinflößendste weibliche Verbrecher, der jemals in einer Fernsehserie auftrat.“ Interessant ist auch, dass Pearson im wahren Leben ebenso wegen eines Tötungsdelikts im Gefängnis saß und nach Drehschluss der Serie wieder wegen Drogenhandels verhaftet wurde.

Michael Lee (Tristan Wilds): Mike ist der Sohn einer drogenabhängigen Mutter und versucht seinen kleinen Halbbruder und sich durchs Leben zu ziehen. Er ist ein unabhängiger Geist und das Wohl seiner Freunde und insbesondere seines Bruders sind im sehr wichtig. Obwohl er sich am Guten orientiert, scheint sein Weg in den Stanfield Clan vorgezeichnet, insbesondere weil ihm Chris viel Sympathie entgegen bringt. Er ist ein harter Mensch, der Emotionen gut verbergen kann, aber immer ein Ziel vor Augen hat. Seine finale Wendung im Abspann zur 5.Staffel scheint dann eine logische Schlussfolgerung aus seinem Charakter und seinen Erfahrungen zu sein.

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