Wolf Haas – Brennerova

Jetzt habe ich mich über den neuen Brenner Roman gemacht. Die Krimis von Wolf Haas sind meiner Meinung nach ideal für den Sommer geeignet. Wunderbar fließend zu lesen, sehr amüsant und durchaus auch etwas hintergründig. Diesmal ist der Brenner, der immerhin 19 Jahre im Polizeidienst war und nun schon seit Jahren sich irgendwie durchschlägt, in Frauengeschichten (Achtung: Mehrzahl!) verwickelt. Da ist zum einem die Begegnung mit der Herta, seiner Ex-Freundin, die fast zu einem Unfall führt, aber dadurch auch dazu, dass sich beide wieder näher kommen. Und da ist die Nadeshda, die der Brenner über das Internet kennengelernt hat und die wiederum um ihre Schwester Serafina fürchtet, weshalb sie den Brenner um dessen detektivische Mitarbeit bittet, was ihn aber in die Wiener Unterwelt führt, in die Welt der Zuhälter und Tätowierer. Doch nicht nur dort muss sich der Brenner aufhalten, im Zeitalter der Globalisierung und des Internets führt es ihn auch aus Wien heraus in die weite Welt. „Wolf Haas – Brennerova“ weiterlesen

Paul Ingendaay – Gebrauchsanweisung für Spanien

Außer meinem Heimatland ist mir kein Land so nah, wie Spanien. Was läge da näher, bei einem Besuch im geschätzten „Zweitbuch“ in Wiesbaden das Sonderangebot „Gebrauchsanweisung für Spanien“ von Paul Ingendaay zu erwerben und das aus drei Gründen. Der Wichtigste: ich mag Paul Ingendaay‘s Blog über Spanien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und habe diesen immer mit großem Interesse gelesen, auch wenn ich ihn in letzter Zeit nicht mehr finde. Zweitens, ich war an jenem Tag im Buchladen eigentlich auf dem Weg nach Spanien und drittens (und am wenigsten wichtig), im „Zweitbuch“ sind (fast) alle Bücher immer billiger, was mich automatisch animiert etwas zu kaufen und dann kaufe ich natürlich das Beste was ich sehe. „Paul Ingendaay – Gebrauchsanweisung für Spanien“ weiterlesen

Thomas Glavinic – Unterwegs im Namen des Herren

Im Jahre des Herrn 2011 kam Thomas Glavinics Reiseroman „Unterwegs im Namen des Herren“ heraus. Er beschreibt die Reise des Alter Egos Glavinic mit seinem Freund Ingo in den bosnischen Pilgerort Medjugorje. Die beiden Herren wünschen sich, ein näheres Bild von einer Pilgerreise zu machen. Gemeinsam mit anderen, mehr oder weniger streng gläubigen Menschen, fahren sie von Wien aus per Bus (wundervoller erster Satz des Buches: „Sechs Uhr früh ist eine Uhrzeit, die ich sonst nur von der anderen Seite her kenne.“) auf den Balkan. Als Atheisten beobachten sie das Geschehen, sind aber nicht wirklich von den Botschaften begeistert, doch irgendwie bleibt doch etwas Hängen bei diesem drei Tages-Trip zwischen Himmel und Hölle. „Thomas Glavinic – Unterwegs im Namen des Herren“ weiterlesen

Thomas Pynchon – Gegen den Tag

Über ein halbes Jahr hat mich „Gegen den Tag“ begleitet, ich kann mich nicht erinnern je so lange für einen Buch gebraucht und es trotzdem beendet zu haben. Doch das ist keinesfalls als Kritik am Werk zu verstehen. Fast 1600 Seiten stark ist Pynchons sechster Roman, der 2006 veröffentlicht wurde. Trotz dieser Länge und dem Hang des Autors, Sätze unter einer Zeilenlänge von drei nicht wirklich beginnen und schon gar nicht enden lassen zu wollen, ist es ein grandioses Werk und mit Sicherheit das Beste, dass ich vom großen Unbekannten der amerikanischen Gegenwartsliteratur las. „Thomas Pynchon – Gegen den Tag“ weiterlesen

Peter Stamm – Weit über das Land

Mit Peter Stamms neustem Roman „Weit über das Land“ fremdle ich ein wenig. Eine Familie kommt aus dem Urlaub zurück, es ist einer der letzten heißen Augusttage und die Eltern Astrid und Thomas sitzen auf der Terrasse und verabschieden den Sommer mit einem Glas Wein und der Sonntagszeitung. Der kleine Sohn ruft, Astrid geht ins Haus und Thomas geht fort. Er verlässt die Familie von jetzt auf gleich, ohne ein Wort zu sagen. Er hat keinen Plan, nur seine Freiheit, nur den Moment. Astrid bleibt zurück mit den Kindern. „Peter Stamm – Weit über das Land“ weiterlesen

Jürgen Kocka – Geschichte des Kapitalismus

Der Kapitalismus ist ein vielbesprochenes Ding. Seine Errungenschaften wurden gepriesen, aber genauso werden ihm nicht gerade wenige unschöne, wenn nicht gar zerstörerische Sachen vorgeworfen und auch sein Ende ist ein gern diskutiertes Thema (von Peter Licht auch sehr schön besungen, wie hier: https://youtu.be/fYEcMuRhYas)

Der renommierte Sozialhistoriker Jürgen Kocka legte 2014 ein kleines rund 140 Seiten starkes Bändchen vor, was sich mit der Frage der Geschichte des Kapitalismus befasst. Nach der Einführung, die durchaus klar macht, dass der Begriff „Kapitalismus“ heute eher skeptisch betrachtet wird und die drei grundlegende Denker der Kapitalismuskritik Marx, Weber und Schumpeter sehr kurz vorstellt, folgt eine erste Arbeitsdefinition, was man unter Kapitalismus überhaupt verstehen könnte (ein tatsächlich heute umso wichtigerer Arbeitsschritt, hat man doch das Empfinden, begriffe werden gerade in der öffentlichen Diskussion immer mehr von einem Gefühl bestimmt, als das sie wirklich durchdachte Erklärungen bieten). Kapitalismus beruht bei Kocka auf individuellen Eigentumsrechten und dezentralen Entscheidungen, die wiederum zu Gewinnen oder aber auch Verlusten führen können. Im Kapitalismus findet die Koordinierung der Akteure über Märkte, Preise und Wettbewerb statt, was sowohl Arbeitsteilung, als auch die Geldwirtschaft voraussetzt. Kapital ist grundlegend für dieses Wirtschaften, denn es impliziert die Investition in der Gegenwart mit der Hoffnung auf Vorteilen in der Zukunft. Darin spiegeln sich sowohl die Form der Kreditvergabe, als auch die Maßgabe das Profit als Erfolgsfaktor anerkannt wird. „Jürgen Kocka – Geschichte des Kapitalismus“ weiterlesen

George Packer – Die Abwicklung. Eine innere Geschichte des neuen Amerikas

2016 ist Wahljahr. Obwohl zahlreiche interessante und wichtige Landtagswahlen in Deutschland stattfinden, scheint sich doch das mediale Interesse auf die Präsidentschaftswahlen in den USA zu konzentrieren, wo momentan nach jeder Vorwahl schon Analysen angestellt werden, was dies für die Welt bedeuten könnte. Trotzdem ist die USA ein faszinierendes Land und die Präsidentschaftswahlen sind zweifellos nicht wirklich weltpolitisch unentscheidend, zu aller erst für das Land und dann auch irgendwie für den Rest des Planeten. Fragt man sich warum dort momentan Kandidaten wie Bernie Saunders oder Donald Trump, die scheinbar einen Gegenentwurf zum Establishment darstellen, so großen Erfolge haben, so lohnt ein Blick auf die Stimmung im Lande. „George Packer – Die Abwicklung. Eine innere Geschichte des neuen Amerikas“ weiterlesen

Ann-Helen Meyer von Bremen / Gunnar Rundgren – Foodmonopoly. Das riskante Spiel mit billigen Essen

Ähnlich wie atmen oder schlafen, gehört Essen zu den Dingen, die wir täglich tun. Das Essen ist dabei eine Tätigkeit, die zwischen Genuss und Aufnahme notwendiger Energie schwankt. Dabei hat sich der Inhalt, der auf unserem Teller zu finden ist, in den letzten Jahrzehnten ziemlich gewandelt. Es ist heute nichts Besonderes mehr, Sushi zu verzehren, oder ein argentinisches Rindersteak. Das Angebot, als auch die Qualität der Lebensmittel, die wir verspeisen können sind riesig. Ebenso vergrößert sich die Anzahl von Menschen, die bewusst über ihre Ernährung nachdenken und die sich dann je nach Art bzw. Verzicht auf bewusste Speisen wiederum in Gruppen zusammen finden, seien es nun Vegetarier, Veganer, Frutarier oder andere regelgeleitete Esser. Ich für meinen Teil gehörte über Jahre der Gruppe der „appetitgetriebenen Allesfresser“ an. Sprich, meine Gedanken, was ich hier im Supermarkt gerade kaufe und später verzehre waren alles in allem sporadisch bis nicht vorhanden. Auch heute, wo ich einige, wenngleich geringe, Einschnitte für eine etwas bewusstere Ernährung mache, sind meine Kenntnisse über die Lebensmittelindustrie bzw. die Landwirtschaft die mir die Produkte liefert, recht gering. Deshalb hoffte ich im Buch „Foodmonopoly“ (auch dieses Buch ist bei der Bundeszentrale für politische Bildung zu bekommen) weitere Aufschlüsse zu erhalten. „Ann-Helen Meyer von Bremen / Gunnar Rundgren – Foodmonopoly. Das riskante Spiel mit billigen Essen“ weiterlesen

Jonathan Crary – 24/7

Schlafen Sie schon? Nein, denken sie mal darüber nach warum nicht? Sie sind zu abgelenkt von ihren Verpflichtungen? Dann sagt ihnen Jonathan Crary in: „24/7. Gesellschaft ohne Schlaf“, mal seine Meinung. Nach ihm leben wir in einer Epoche der zunehmenden Durchdringung unserer Zeit. Wir stellen unser Leben auf 24/7 um. Was bedeutet, dass  alles„als Arbeits- Konsum- oder Vermarktungszeit ausgefüllt und vereinnahmt“ (S.19) wird. Das kann man sich in etwa so vorstellen; wenn wir nicht gerade unser Täglich-Brot im Büro verdienen, dann surfen wir an der Haltestelle – weil nur rumsitzen und warten ja nichts bringt – in unserem Smartphone und bestellen uns etwas Schönes im Internet.  Für Crary ist die Natürlichkeit unseres Lebens in Zeiten des Neoliberalismus ein kostbares Gut, denn der Zeitgeist versucht uns aufzuzeigen, dass man immer etwas tun kann. Nur im Schlaf gibt es rein gar nichts zu tun gibt und was bitteschön, wollen Sie aus ihrem Leben machen, wenn sie nichts tun? (rhetorische Frage!) Immer dran denken, man lebt nur einmal. „Jonathan Crary – 24/7“ weiterlesen

David Graeber – Schulden. Die ersten 5000 Jahre

Die Gesellschaft zu hinterfragen ist nicht nur ein Hobby, etwas was man mal in seiner Freizeit zum Zeitvertreib machen kann, sondern es sollte ein ständiger Reflexionsprozess sein, der unser Denken und Handeln verändert oder wenigstens beeinflusst. Etwas mehr über uns und unser Leben zu erfahren, kann nicht wirklich schaden. Deshalb nehme ich mir von Zeit zu Zeit Bücher vor, die unsere Zeiten, Lebenswege und Gewohnheiten beleuchten, so wie zum Beispiel unsere kapitalistische Gesellschaft (die Betonung liegt hier auf der Wirtschaftsform unserer Tage in Europa). Nach dem hervorragenden Buch von Thomas Piketty über die Verteilung des gesellschaftlichen Vermögens, nahm ich mir David Graebers Publikation über die Geschichte der Schulden vor, das schon einige Zeit in meinem Regal schlummerte. Auch dieses Buch erschein bei der Bundeszentrale für politische Bildung und war für einen sehr erschwinglichen Preis dort erhältlich (daher kein Grund sich zu verschulden). Ich kann nur jedem empfehlen sich einmal auf den Seiten dieser Einrichtung umzusehen. „David Graeber – Schulden. Die ersten 5000 Jahre“ weiterlesen