Stephan Russ-Mohl – Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde

Am 31. August 1997 starb Prinzessin Diana bei einem Autounfall, was ein enormes mediales Echo hervorrief. Ich erinnere mich, an jenem Tag auf der Internationalen Funkausstellung gewesen zu sein. Überall flimmerten die neuesten Fernseher und überall sah man Bilder des Unfalls und ein Gefühl tiefer Abscheu überkam mich, wie sehr das Schicksal einer Frau, die mir bisher eigentlich ziemlich egal war, global medial breitgesendet wurde. Ich fing an, Medien zu misstrauen, denn das Entsetzen und die Trauer erschien mir gespielt, weil man gleich im Anschluss an die dick aufgetragene Gefühlssoße, die neusten Bilder und Entwicklungen zeigen wollte oder die eine Millionste Emotion breitdrückte.
Es war auch in jener Zeit, als erste Fernsehformate wie „Canale Grande“ auf Vox oder „Zapp“ im NDR auftauchten, welche als Medienmagazine über die Rolle der Massenmedien sprachen und ich sah diese Sendungen mit großem Interesse, denn hier konnte ich mein kritisches Bewusstsein füttern. Es waren wohl die Tage und Jahre ganz am Anfang einer damals noch unbemerkten Revolution, der digitalen Veränderung unseres Lebens, die uns bis heute die Welt auf ein handtellergroßes Gerät brachte, mit der Möglichkeit, jeden Blickwinkel menschlicher Interpretationsmöglichkeiten auf den Planeten abzurufen.
Das hat viel verändert. Wenn heute über Medien gesprochen wird, dann sehr gern in einem abschätzigen Ton. „Mainstream-Medien“, die auf die eine oder andere hinterlistige Art zu versuchen scheinen, uns zu manipulieren, aber zum Glück hätte man ja diesen einen, total authentischen Artikel im Netz gefunden, der uns davor warnt. War ich nach dem Tod Diana erschüttert und stellte die Rolle der Medien in Frage, so sehr bin ich nun von einer Tendenz des heutigen Zeitgeistes erschüttert, der allen glauben an vorgesetzten Informationen negiert, diesen glauben aber interessanterweise nicht in Frage stellt. Es ist an der Zeit zu hinterfragen, was passiert da? Welche Rolle spielen Medien, was hat sich verändert? Wie wird unsere Welt heute vermittelt? „Stephan Russ-Mohl – Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde“ weiterlesen

Wahrheit

Glauben sie an die Wahrheit? Dies ist das Thema des ersten Films als Regisseur von James Vanderbilt. Basierend auf einer „wahren“ Geschichte erleben wir das Team der Nachrichten-Reportage „60 Minutes“ des amerikanischen Senders CBS. Produzentin Mary Mapes (Cate Blanchett) steht vor einer interessanten Geschichte mitten im Wahlkampf zur Präsidentschaft der USA. Amtsinhaber Bush soll in den 1970er Jahren keinesfalls so ehrenhaft an der Heimatfront bei den Texas National Air Gardes seinen Dienst verrichtet haben, wie er gern behauptet, da er dadurch nicht nach Vietnam eingezogen wurde. Das Team um Mary, dem der Schnüffler Mike Smith (Topher Grace), der Militärexperte Colonel Roger Charles (Dennis Quaid) und die Universitätsangestellte Lucy Scott (Elisabeth Moss) machen sich auf die Suche nach Beweisen für die Lücken und Probleme in der heldenhaften Erzählung der Biographie Bushs. Und tatsächlich werden sie fündig. Insbesondere zwei Dokumente, die nur kopiert vorliegen zeigen, wie Bush in der Armee kurz vor dem Rausschmiss stand. Als der Anchorman Dan Rather (Robert Redford) mit der Geschichte auf Sendung geht, scheint die Story viel Wind aufzuwirbeln. Doch schnell machen sich Zweifel breit und gerade von konservativer Seite kommt der Vorwurf, dass die Dokumente gefälscht sein müssen. „Wahrheit“ weiterlesen