Regie & Drehbuch: Matt Reeves (Drehbuch mit Peter Craig) | Jahr: 2022 | Comicverfilmung | Länge: 177min
Eigentlich dachte ich, dass mit dem Ende von Christopher Nolans Batman-Filmtrilogie über den Fledermaus-Superhelden ich mir keinen Batman mehr ansehen müsste – zumal der letzte Teil von Nolans Arbeit, „The Dark Knight Rises“, mich alles andere als umgehauen hat (die beiden ersten Teile waren jedoch sehr, sehr gut). Aber wenn man, wie ich, eigentlich nur die großen Batman-Filme seit Tim Burton verfolgt hat (und die eher als putzig zu bezeichnende Serie mit Adam West), dann hat man schon beträchtliche Bildungslücken, gerade wenn man sich ansieht, was an Batman-Adaptionen überhaupt alles existiert.[1]
In Reeves’ Verfilmung erleben wir einen Batman – bzw. dessen Alter Ego Bruce Wayne (Robert Pattinson) –, der gefühlt noch düsterer und schwermütiger ist als alle mir bekannten anderen Versionen dieser Figur. Immer wieder wird er von Lieutenant Gordon (Jeffrey Wright) per Lichtkegel über dem dunklen Gotham City gerufen, um dem sündhaften Moloch der Stadt Paroli zu bieten. Doch Gotham hat nicht nur eine stattliche Reihe marodierender krimineller Subjekte zu bieten, sondern die Stadt ist per se korrupt. Der Riddler (Paul Dano) hat sich als selbsternannter Elitenkritiker und One-Man-Reinigungskraft korrupter Politiker zur Aufgabe gemacht, entsprechende Personen des öffentlichen Lebens zu eliminieren. Und weil der Riddler nun mal der Riddler ist, gibt es neben der mordenden Verrichtung seiner Tätigkeit und der öffentlichkeitswirksamen Bekundung, man habe die Stadt von Korruption und Betrug gesäubert, immer auch ein Rätsel mit dazu, das gelöst werden will.
Batman versucht nun, gemeinsam mit Hilfe seines Assistenten Alfred (Andy Serkis) und Gordons sowie unter Einbeziehung der ebenso an Gerechtigkeit interessierten Catwoman (Zoë Kravitz), den Spuren der Attentate des Riddlers und der mafiaähnlichen Strukturen zu folgen (deren Zentrum Carmine Falcone (John Turturro) und seine rechte Hand, der Pinguin (Colin Farrell), zu sein scheinen).
Reeves’ Batman-Inszenierung ist in vielen Punkten bemerkenswert. Zum einen ist es der längste aller Batman-Filme, was erstaunt, wenn man an die epochal wirkenden Streifen von Nolan zurückdenkt. Zum anderen erleben wir einen manchmal eher detektivischen Batman, der allerdings immer noch in allerlei Action verwickelt ist (keine Sorge: Prügeleien, Verfolgungsjagden mit Autos und Motorrädern, Sprünge aus großer Höhe sowie Auf- und Abseilen per Seil sind quasi Standardprogramm und fehlen auch hier nicht). All das findet im wie immer dunklen Gotham City statt, einer Stadt, die unter permanentem Sonnenmangel zu leiden scheint, die aber architektonisch sehr spannend dargestellt ist. Als Stadtlandschaft ist Reeves’ Gotham die mir bisher eindrucksvollste Szenerie: wir sehen eine Stadt, die fast nichts Modernes mehr an sich hat, sondern deren Gebäude aus gotischen Hallen oder kalten Kellern zu bestehen scheinen und deren Hochhäuser mit dem Art Déco groß geworden sind. Das verleiht Gotham die dunkelste Note, die ich kenne.
Gepaart wird dies mit der Kleidung, die nicht mehr den Chic hat, den Nolan seinen Figuren verpasst hat, aber den Film atmosphärisch absolut stimmig macht. Das würde ich auch als das größte Plus dieses absolut sehenswerten Films betrachten: eine düstere Atmosphäre, die überall zu greifen scheint (vielleicht war Batman der Realität unserer Städte noch nie so fern, aber der Grundstimmung unseres Jahrzehnts noch nie so nah). Auch für Menschen, die sich Comicverfilmungen sonst nicht hingeben, ist dies eine spannende Film-Noir-Empfehlung.
[1] Zur besseren Einordnung, hier der entsprechende Wikipedia Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Batman-Adaptionen