Dirk Gently’s holistische Detektei

Douglas Adams bezeichnete sich als „gläubigen Atheisten“, eine wie ich finde ebenso verwirrende, wie klare Bezeichnung seines Bildes von der Welt und dem was darüber hinaus ist. 1987 brachte der Autor, der weltbekannten Serie „Per Anhalter durch die Galaxis“,  ein weiteres Buch heraus, das zu einer dreibändigen Serie wurde. Es handelte sich dabei um den Detektiv Dirk Gently, dessen Abenteuer die Inspiration für eine neue netflix Serie wurde, welche unter dem Titel „Dirk Gently’s holistische Detektei“ heuer beim Streaming-Dienst zu finden ist. Max Landis schrieb das Drehbuch für die 8-teilige erste Staffel, die sich hauptsächlich auf das Buch „der elektrische Mönch“ bezieht.

Dirk Gently (Samuel Barnett) ist ein Detektiv der eher ungewöhnlichen Sorte, denn er arbeitet ganzheitlich, also holistisch. Was erstmal nur heißt, dass er sich vom Schicksal treiben lässt und einfache, kausale Zusammenhänge nicht überbewertet. Hotelpage Todd Brotzman (Elijah Wood) trottet durch sein Leben und wird ins Penthouse seines Arbeitsplatzes gerufen, wo er Zeuge eines höchst ungewöhnlichen Verbrechens wird. Kaum wieder zu Hause in seiner Wohnung im Ridgley Building, bekommt er Besuch vom eher seltsam agierenden Dirk Gently. Überhaupt scheinen merkwürdige Dinge vorzugehen, so ist über Todds Apartment die toughe Personenschützerin Farah Black (Jade Eshete) gefangen.  Und eigentlich würde sich Todd lieber um seine kranke Schwester Amanda (Hannah Marks) kümmern, als sich mit Gently rumzuärgern. Doch es zieht weitere Gefahr auf, unter anderem von der mörderischen Bart (Fiona Dourif), welche mit der Geisel Ken (Mpho Koaho) mordend auf der Suche nach Dirk Gently ist.

In gewisser Weise ist „Dirk Gently’s holistische Detektei“ die religiöseste Serie, die ich seit langem gesehen habe. Allerdings ist diese Aussage nur gültig, wenn man den Ausdruck religiös etwas streckt. Dafür muss man genauer den Begriff „holistisch“ ansehen. Damit ist gemeint, dass natürliche Systeme ihre Eigenschaften als Ganzes und eben nicht als Zusammensetzung ihrer Teile haben. Für die Soziologie würde dies in der Theorie von Émile Durkheim bedeuten, dass eine Gesellschaft ein Phänomen sui generis ist, also das sie mehr ist, als die Summe aller Menschen zusammen. Religionen beispielsweise sind immer holistisch, denn Gottheiten sind nicht kausal ableitbar aus hiesigen Phänomenen.
Für die Serie bedeutet dies, dass Zufälligkeiten und bewusste Entscheidungen die Akteure zu Handlungen führen, die nicht mehr mit Zufall, sondern mit Schicksal, mit einer gewissen „Geleitetheit“ verbunden ist. Das Schicksal wird zu einer Art göttlichen Leitstrahl, der die Akteure antreibt. Dinge passieren, nicht weil sie passieren, sondern weil sie passieren sollen. Das ist in gewisser Weise die Umkehrung des Begriffs des Schicksals, der gemeinhin dazu verwendet wird, zwei oder mehr Ereignisse in einen Kausalzusammenhang zu bringen, also kontigenten Ereignissen Sinn zu verleihen oder um es etwas undeutlicher zu sagen: Schicksal erklärt den unbestimmten Lauf der Dinge im Nachhinein, in dem es die Ereignisse der Vergangenheit in eine logische Beziehung setzt. Wichtig ist dabei, dass die Ereignisse nur von der Gegenwart rückwärts gedeutet werden können (denn es ermangelt uns an Kenntnissen der Zukunft). Das Schicksal wird dann zum Lebensweg. Doch zurück zur Serie. In dieser ist der Weg des Schicksals jedoch quasi schon vor dem Ereignis da, er führt und man bleibt zurück und kann gespannt sein, was passiert, ohne das man letztlich weiß was passiert, denn die Aufgabe besteht darin sein Schicksal anzunehmen. Dies macht den Reiz aus, dieser wundervollen Serie, denn damit lässt sich eine fantastische (in jeder Bedeutungsrichtung des Wortes) Geschichte erzählen, die den Zuschauer magisch in den Bann zieht. Es gibt keinen Erzähler mehr, das Schicksal wird zum Erzähler und man fragt sich, was es als nächstes mit den Akteuren vor hat und ob das „Gute“ oder das „Böse“ gewinnt. Das alles würde aber noch keine gute Serie ausmachen. „Dirk Gently’s holistische Detektei“ sehr nebenher noch sehr humorvoll umgesetzt, und insbesondere Samuel Barnett überzeugt als gespielt trotteliger Dirk Gently. Der Soundtrack ist fein ausgewählt und das Setting überzeugt. Eine wirklich sehr sehenswerte Serie, bei welcher seit November an der 2.Staffel gearbeitet wird.

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