Der Tatortreiniger

Seit ich bei watchever (ein kostenpflichtiges Streamingportal im Internet) bin, kommen mir (Fernseh-) Serien mehr und mehr wie Bücher vor. Es ist ein wenig, wie wenn man vor einem großen Regal steht (also dem Angebot des Portals) und darin lauter Romane findet. Während Filme meist über rund zwei Stunden unterhalten, haben Romane und Serien nicht nur gemeinsam, dass es erheblich mehr Zeit kostet, sie von Anfang bis Ende den Inhalt zu verfolgen. Man legt Pausen ein und setzt sich nur dann vor den Bildschirm, wenn man Zeit und Lust hat, genauso wie man es sich auf seiner Coach gemütlich macht, wenn man ein gutes Buch lesen möchte. Weiterhin ist beiden gemeinsam, dass mit zunehmender Sehdauer, sich der Rezipient mehr und mehr mit den dargestellten Charakteren identifiziert und er in die Handlung hinein gesogen wird.
Früher, als ich Serien noch im Fernsehen gesehen habe, musste man immer eine Woche warten, ehe die nächste Folge begann. Als ich die Sopranos auf DVD sah, musste ich mir jede weitere Folge aufteilen, wenn ich noch nicht die nächste Staffel ausgeliehen hatte und nur noch wenige Folgen übrig waren. Mit dem Internet und dessen Steamingangeboten ist das anders geworden. Man steht vor einer riesigen Auswahl voller Sachen, von denen man schon mal was gehört hat und man greift zu. Dabei geht man ähnlich wie bei Büchern im Regal vor. Einige sind einem wichtig und man benötigt eine spezielle Atmosphäre, um sie zu schauen, vielleicht abends mit einer Flasche Bier, um den Tag eine abschließende und spannende Note zu geben. Andere nimmt man für eine Pause zwischendurch, während einer Reise im Zug oder des Mittag- oder Abendessens. Man muss dabei nicht die gesamte Folge ansehen, sondern nur ein paar Minuten zur Ablenkung, um dann später irgendwann wieder fortzusetzen. Meine momentane Hauptserie heißt „Breaking Bad“ und ich pflege sie mir nicht zwischendurch anzusehen, sondern eine Folge am Stück zu genießen, denn jede von ihnen sind ganz wunderbar. Nebenher hörte ich von der deutschen Serie „Der Tatortreiniger“, fand sie in meinem Streamingregal und klickte mal rein.
Da diese Serie der Form einer Reihe gleicht, ist es im Grunde gleich mit welcher Folge man anfängt, denn es gibt mehr oder weniger keine folgenübergreifende, fortlaufende Handlung. Im Mittelpunkt steht immer Tatortreiniger Schotty (Bjarne Mädel) der genau das tun soll, was sein Arbeitstitel aussagt, nämlich Leichenreste wegputzen.

Erstaunlicherweise trifft er aber im Regelfall bei seiner Arbeit auf allerlei Menschen, seien es nun Hinterbliebene, potentielle Mörder, Anwohner oder in Geschäftskontakten zu den Opfern gestandene Personen. Der Ablauf ist daher von Folge zu Folge auch immer gleich; Schotty kommt an, Schotty trifft andere Person, Schotty reinigt nebenher, Folge vorbei. Das alles klingt langweilig und vorhersehbar, ist es aber überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil, „Der Tatortreiniger“ ist eine der besten deutschen Serien, die vor Originalität, Witz und Charme nur so sprüht. Das liegt natürlich allen voran an Bjarne Mädel als Hamburger original Schotty, einem manchmal etwas ungebildet wirkenden, aber doch sehr schlauen Saubermann, der einfach unglaublich sympathisch ist. Aber das liegt ebenso an den spannenden Geschichten, die jedes mal großen Wert auf kleine, aber wichtige Details legen, die immer ihr Hauptaugenmerk auf den menschlichen Kontakt legen und dadurch warmherzig und trotzdem klug rüber kommen.

Obwohl drei Staffeln vom NDR produziert wurden, liegen momentan nur 10 Folgen zu 25min vor und man kann nur hoffen, dass schon bald weitere Reinigungsarbeiten absolviert werden. Ein echtes Highlight!

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