The Square

Jahr: 2017 | Regie und Drehbuch: Ruben Östlund | Gesellschafts-Satire | Länge: 142min | Location: Stockholm

„The Square ist ein Zufluchtsort, an dem Vertrauen und Fürsorge herrschen. Hier haben alle die gleichen Rechte und Pflichten.“ So steht es im Manifest für eine Kunstinstallation einer argentinischen Künstlerin, die im X-Royal Kunstmuseum in Stockholm gezeigt werden soll. Für Museumskurator Christian (Claes Bang) ist diese Installation, die aus einem eingegrenzten Quadrat auf einem gepflasterten Platz besteht, nur ein Kunstprojekt neben anderem, in seiner täglichen Arbeit aus Öffentlichkeitsarbeit, Management des Museums und den allgemeinen Verpflichtungen in der Szene der Künstler, Liebhaber und Mäzenen. So muss er der amerikanischen Journalistin Anne (Elisabeth Moss) ein Interview geben in welchem er die notorische Geldknappheit für moderne Kunst beklagt. Gleichfalls soll er eine Marketingkampagne  für die Installation „The Square“ absegnen, wo zwei dynamische PR-Jünglinge mal was ganz Neues aufziehen wollen, um viral Kunstwerk und Museum ins Gespräch zu bringen. Aber natürlich hat auch er Probleme, die über die reflektierte Welt des Kunstbetriebs hinausgehen, so wird ihm in einer fast schon eventhaft gespielten Szene sein Handy geklaut und er ersinnt einen scheinbar gerissenen Plan, es wieder zu bekommen.

„The Square“ besticht als eine Gesellschaftsstudie, die sich in der Welt der Kunst und der Museen ansiedelt. Es ist weniger die ausgefallene Story, als vielmehr die Fülle an manchmal atemberaubenden, manchmal spannenden, manchmal urkomischen, manchmal sehr nachdenklichen Szenen, die diesen Film zu einem der besten europäischen Streifen der letzten Jahre werden lässt. Um nur eine kurze Auswahl zu geben:
– eine Kunstperformance eines als Affen herumspringenden Künstlers namens Oleg (Terry Notary) die letztendlich danach fragt, wo Kunst grenzen haben darf, kann, soll oder besser muss;
– ein wundervolles Podiumsgespräch mit dem Künstler Julian (Dominic West), das „gestört“ wird von der interessierten Anwesenheit eines Tourette-Patienten, eine Szene die ergründet wie stimmungsvoll Toleranz sein kann oder sollte;
– eine Beischlafszene deren Sterilität beeindruckt;
– oder eine filmgeschichtlich kaum je so spannend inszenierte Szene des Austragens einer Postwurfsendung.
Hier ließen sich viele weitere Szenen aufzählen, in einem Film der unseren heutigen Alltag nicht nur im Zwischenmenschlichen analysiert sondern auch gesamtgesellschaftliche Themen reflektiert. Ein Film über Macht, die Rolle der Kunst, den Einfluss von Geld, über Wahrheit und Authentizität nicht nur im Kunstbetrieb, sondern auch im täglichen Leben und über das Miteinander und Nebeneinander in unseren Tagen. Ein Film der zum Denken anregt und nicht vorgibt, was der Zuschauer meinen soll, der hervorragend offen inszeniert ist, der von tollen Schauspielern lebt, einen guten Soundtrack hat und ein Film ist, der Treppenhäuser wundervoll in Szene setzt (was bei mir die Frage weckte, ob die eigentlichen Glanzstücke von Museen nicht manchmal die Treppenhäuser sind). „The Square“ gewann nicht nur die Goldene Palme von Cannes, fünf europäische Filmpreise und den Goya, sondern war auch für den Oscar nominiert. Ein kluger, tiefgängiger – kurz ein wundervoller Film, ein Ereignis! Verpassen Sie es nicht!

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