Erschien 1898 im spanischen Original als „La barraca“ | in deutscher Übersetzung von Otto Albrecht und Elisabeth van Bebber bei Rowohlt Taschenbuch 1989 mit 224 Seiten erschienen
Vor gar nicht so langer Zeit las ich ein Buch zur Kulturgeschichte der Valencianischen Gemeinschaft. Da ich das Buch so mittelmäßig (eigentlich muss ich spezifizieren, größtenteils richtig schlecht) fand, möchte ich den Namen des Autors und den Titel an dieser Stelle gar nicht nennen. Was aber aus diesen Seiten hängen blieb war, dass ich mich selbst mehr mit der Geschichte Valencias beschäftigen müsste. Eine der wichtigsten Figuren der Literatur der iberischen Levante ist dabei Vicente Blasco Ibáñez, eine sehr schillernde Gestalt der spanischen Gesellschaft des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts (welcher am Ende der Strandpromenade Valencias, auch ein kleines Museum in seinem ehemaligen Wohnhaus gewidmet ist). Blasco Ibáñez war nicht nur Schriftsteller und Zeitungsherausgeber, er saß auch im spanischen Gefängnis und im Parlament (nicht zeitgleich), gründete eine Kolonie in Argentinien und verkaufte sehr erfolgreich Drehbücher nach Hollywood.
„Die Scholle“ beginnt mit der Darstellung des Schicksals des armen Huerta[1]-Bauern Barret, der von den geldgeilen Machenschaften seines Verpächter ausgenutzt und final in den Ruin getrieben wird. Ein Verbrechen findet statt und für viele Jahre bleibt die Scholle und die auf ihr befindliche Barraca[2] unbewohnt. Die Bauern der Huerta, welche sehr mit ihrem Schicksalsgenossen Barret fühlten, sehen das verlassene Grundstück als Mahnmal für die Ausbeutung der Verpächter und gegen die Interessen der Bauern. Doch mit einem Mal will sich ein neuer Bauer als Pächter des ungenutzten Landes probieren und er ist alles andere als Willkommen.
Blasco Ibáñez Roman ist ein gesellschaftskritischer Roman des späten 19. Jahrhunderts, vielleicht lesbar in der Tradition der Literatur wie der von Emile Zola. Man liest vom Leben als Bauer, von der aufkommenden Industrialisierung und der Armut auf dem Lande und der Verwaltung der Gewinne in der Stadt. Das schreibt Blasco Ibáñez im Stil und der Diktion seiner Zeit, der heute etwas befremdlich wirkt. Die Geschichte ist abwechslungsreich, aber keinesfalls übermäßig überraschend, die Figuren sind ausgeglichen, aber doch recht simple gezeichnet (wenngleich die Bösewichte, die geldgierigen Verpächter nie gut wegkommen), aber die Sympathien des Autors sind klar verteilt. Für einen kleinen Einblick in die Geschichte Valencias ist dieses Buch schon lohnend, für viel mehr aber nicht, zu sehr hat man in den 125 Jahren danach schon die Geschichte von Arm gegen Reich gehört.
[1] Die Huerta ist das flache Land, um die Stadt Valencia herum, in welchem Landwirtschaft betrieben wird. Die Gegend wird auch der „Garten Valencias“ genannt.
[2] Eine Barraca ist ein kleines Bauernhaus mit einem auffälligen Spitzdach, typisch für die Gegend um Valencia.