Empire of Light

Jahr: 2022 | Regie & Drehbuch: Sam Mendes | Spielfilm | 119min | Location: Südküste Englands in den frühen 1980er Jahren

Eine der vielen Sachen, die ich mir in meinem Leben hätte gut vorstellen können, wäre es gewesen, an der englischen Küste zu leben (bevorzugt Devon oder Cornwell). Das habe ich zwar fast ein Jahr gemacht und der Regen in den Wintermonaten war langanhaltend und nervtötend wie ein Tag mit stechendem Kopfschmerz und ohne Aspirin, doch auf der anderen Seite ist diese Gegend eine der reizvollsten und liebeswertesten, die ich kenne.

Sam Mendes entführt uns in seinem 9.Kinofilm an die Südküste Englands in eine Stadt am Meer, die ein beeindruckend schönes Kino sein Eigen nennen kann. Dieser Bau aus den 1920er oder 30er Jahren, als modernes Bauen seinen ästhetischen Höhepunkt feierte, hat in den 1980er Jahren etwas an Strahlkraft verloren, obwohl Kinodirektor Mr.Elis (Colin Firth) das Empire Kino mit einer Südengland Premiere und dem damit verbundenen Trubel aufwerten will. Seine wichtigste Angestellte ist Hillary (Olivia Colman), die sich um alles im Kino zu kümmern scheint, Kartenverkauf, Zuschauerzufriedenheit und die allgemeine Ordnung der Dinge. Darüber hinaus bereitet sie noch Mr.Elis Gefallen, die weit über ein Angestelltenverhältnis hinaus gehen. Doch Hillary ist eigentlich eine sehr einsame Frau, an der das Leben vorbei zu rauschen scheint. Das ändert sich mit der Ankunft von Stephen (Michael Ward), der mit jugendlichem Elan und gutem Aussehen Leben und Freude in das Tagewerk der Kinoangestellten bringt.

„Empire of Light“ ist ein Film, der versucht mehrere Themen miteinander zu verknüpfen. Er ist zum einen eine unmögliche Liebesgeschichte.[1] Dann ist es eine Geschichte über eine Frau mit psychischen Problemen (bi-polaren Störungen[2]) und es ist eine leider immer noch aktuelle Bestandsaufnahme über Rassismus in der westlichen Welt. Und selbstverständlich ist es auch eine Hommage an das Kino.[3]
Mendes Film ist phasenweise brillant und hat mit Olivia Colman, eine fantastische Hauptdarstellerin. Einige Szenen des Filmes sind herzerwärmend einfühlsam und von einer großen poetischen Wärme, erzählt mit stillen, aber teilweise überwältigend schönen, gemäldeartigen (oder vielleicht besser kinoposterartigen) Bildern. Allein dafür muss man den Film fast schon gesehen haben! Allerdings darf man nicht verschwiegen, dass die Story des Filmes dann doch nicht mehr als solides Handwerk ist, dass sich der Film teilweise in Klischees und etwas Pathos verrennt und in anderen Momenten ärgerlich unlogische Sprünge macht, um die Handlung zu dramatisieren. So bleibt ein ambivalentes Bild dieses Films zurück, der aber trotz aller Kritik allein schon wegen Olivia Colman und eines sagenhaft schönen Kinogebäudes und dessen ins Licht Setzung, „Empire of Light“ ein sehr sehenswerter Streifen ist.

[1] Im Sinne einer Liebe, die aus lebensweltlichen Gründen (Altersunterschied, Lebensplanung, Krankheit, Rassismus…) nicht bestand haben kann.

[2] Die gesamte Inszenierung der Krankheit erscheint mir sehr bizarr und immer nur angedeutet, aber nie wirklich ernst genommen.

[3] Wobei in „Empire of Light“ tatsächlich der Ort der Filmvorführung inszeniert und gefeiert wird, insofern ist es fast schon ein Architekturfilm, ein Film, der seinen Schauplatz liebt und ihn ins wunderschöne Licht versetzt. Das kommt gar nicht so häufig in dieser ästhetischen Dimension vor. Mir ist da als letzte Beispiel „Der beste Film aller Zeiten“ in Erinnerung, der zeitgenössische Architektur wundervoll elegant in den Film einbaut.

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