David Foster Wallace – Vergessenheit

Am 12.9.2014 habe ich begonnen „Vergessenheit“ zu lesen. Das ist rein zufällig genau sechs Jahre nach dem freiwilligen Tod von David Foster Wallace (das ich an jenem grauen Nachmittag, an dem der Niesel die ohnehin schon trostlose Haltestelle am Bahnhof Mitte noch grauer und unangenehm feuchter machte und den Lesenden nur Schutz unter der Brücke gewährte, die letzten drei Erzählungen begann, die ich noch nicht von Ihm kannte, war tatsächlich nicht geplant. Ein Zufall, keine geplante Entscheidung, kein feierliches Beginnen an einem Jahrestag, einfach nur Zufall). Es ist das letzte belletristische Buch das mir von DFW blieb. Gestern habe ich es beendet. Es war großartig.

Anders als im Original „Oblivion“, ist der Erzählband im Deutschen in zwei Ausgaben erschienen, zum einen in „In aller Vertrautheit“ und zum anderen in „Vergessenheit“. Dieser Band hat nur drei Geschichten, doch die haben es in sich. War die ein oder anderen Story von „In aller Vertrautheit“ noch manchmal etwas kompliziert zu lesen, sind jene durchgängig und problemlos für den Leser aufnehmbar, auch wenn das ein oder andere Fremdwort von DFW immer eingestreut wird, aber dadurch wird man allenfalls klüger. „David Foster Wallace – Vergessenheit“ weiterlesen

Stefan Zweig – Schachnovelle

Schach übt eine gewisse Faszination aus. Es ist eines der ganz wenigen Spiele, die den Zufall ausschließen und die Spieler nur Kraft ihrer Überlegungen gewinnen lassen. Nach der Lektüre von Glavinics „Carl Haffners Liebe zum Unentschieden“ bin ich ein wenig beim Thema hängen geblieben und nahm mir Stefan Zweigs „Schachnovelle“ zur Hand. Immerhin das meistverkaufte Werk des Wiener Schriftstellers. „Stefan Zweig – Schachnovelle“ weiterlesen

Peter Stamm – Wir fliegen

Peter Stamm ist der erste Schriftsteller, den ich erst bei einer Lesung kennen lernte und der mich dann gleich so beeindruckte, dass ich ein Buch von ihm erwarb. Bei der Frankfurter Buchmesse – sie wissen schon, das Ereignis was meinen Kinokonsum minimierte und dafür meine Leseliste anschwellen ließ – gibt es die schöne Veranstaltungsreihe namens „Open Books“, bei der Autoren aus Ihren neuesten Werken lesen. Bei Peter Stamm war ich sofort von seiner Sprache begeistert, der Klarheit seiner Sätze, die nie umständlich wirken und dem Leser trotzdem genügend Raum für die eigene Fantasie lassen.

Mein erstes Buch von ihm war aber nicht ein Roman, schon gar nicht sein Neuster „Nacht ist der Tag“, dessen Story mir irgendwie langweilig erscheint, auch wenn ich die Begeisterung paradoxerweise über Peter Stamm, eben aus jenen vorgelesenen 10min der Lesung (die Lesung funktioniert nach folgendem Prinzip, 8 Autoren haben je 15min Zeit, 5min plaudert ein Moderator mit ihm und 10min wird aus dem Buch vorgelesen) gezogen habe. Ich entschied mich für „Wir fliegen“, 12 Erzählungen, veröffentlicht 2008, wobei diese Angabe vollkommen unerheblich ist, denn Stamms Erzählungen sind eher zeitlos, sie könnten heute genauso gut spielen, wie vor 20 oder 100 Jahren. In jeder der Erzählungen werden wir zumeist in Alltagssituationen der Protagonisten geworfen. Jedoch ist keine Geschichte schlichte Wiedergabe des tagtäglichen Lebens, sondern immer etwas Besonderes, ein Ausschnitt aus dem großen Spektrum des Daseins. „Peter Stamm – Wir fliegen“ weiterlesen

David Foster Wallace – Alles ist grün

Sie kennen das vielleicht. Sie haben einen Lieblingsautor und saugen begierig alles auf, was Sie von ihm bekommen können. Irgendwann einmal haben Sie dann fast alles gelesen, wägen ab, was wirklich klasse war und was immer noch gut zu lesen ist und stellen fest, dass Ihnen nur noch übrig bleibt, auf das neuste Buch des begnadeten Künstlers zu warten. Bei David Foster Wallace (DFW) ist dies ein gemischtes Vergnügen, denn seit seinem Ableben 2008, ist die Zufuhr neuer Texte arg begrenzt. Was nicht heißt, dass der Buchmarkt nicht noch ein paar Asse im Ärmel hätte. So kam 2011 der Erzählband „Alles ist grün“ heraus. Freilich sind dies nur dem deutschen Leser unvertraute Texte, denn sie stammen allessamt aus dem 1989 veröffentlichen Band „Girl with Curious Hair“, dass in der deutschen Übersetzung „Kleines Mädchen mit komischen Haaren“ zwar 2001 veröffentlicht wurde, allerdings nur in einer um 5 Erzählungen (daher der Hälfte!) gekürzten Version. Jetzt also Teil 2!
Da fragt man sich natürlich schon irgendwie, warum wurde das damals nicht gleich mit veröffentlicht? Sind diese Texte weniger gut? Was zeichnet denn einen guten Text aus und wer darf das entscheiden? „David Foster Wallace – Alles ist grün“ weiterlesen

Gregor Sander – Winterfisch

Hohe Erwartungen sind eigentlich nie sonderlich förderlich, denn sie tendieren dazu, nicht Stand zu halten, dass kann einen bei Konzerten von Lieblingsbands ergehen (wie bei Gus Gus), bei Filmen von Lieblingsregisseuren (wie bei „The Dark Knight Rises“) oder auch bei Büchern. Zu meinem Lieblingsbüchern gehört Gregor Sanders „Ich aber bin hier geboren“, eine Sammlung voller vortrefflich geschriebener und atmosphärisch dichter Erzählungen. Sein darauf folgender Roman „Abwesend“ war dann nicht ganz so berauschend und ich freute mich zu lesen, dass er schon vor zwei Jahren einen weiteren Band mit Kurzgeschichten herausgebracht hat (man sieht, ich verfolge den Literaturbetrieb mit einer gewissen Gelassenheit), mit dem Titel „Winterfisch“. Und da waren sie wieder, die großen Erwartungen, geschürt von wie immer äußerst positiven Rezensionsausschnitten auf der Rückseite (ich komme darauf zurück), war ich frohen Mutes hier wieder angenehme Lesefreuden erleben zu dürfen, denn es handelt sich bei „Winterfisch“ wiederum um Erzählungen. „Gregor Sander – Winterfisch“ weiterlesen

Javier Marias – Während die Frauen schliefen

„Während die Frauen schlafen“ ist eine Sammlung von neun Kurzgeschichten des Spaniers Javier Marías, zumeist Ende der 1980er geschrieben. Der Titel ist dabei nach der ersten Geschichte benannt, kann aber nicht wirklich thematisch für das gesamte Buch gelten, so sind die Haupthelden der Geschichten allesamt Männer. Wie bei der Aufreihung von mehreren Stücken nicht anders zu erwarten, sind einige von ihnen von außerordentlich hohem Lesevergnügen, während man sich durch andere Geschichten eher ein wenig durchquält (wobei dies so, wirklich nur für Eine, und zwar die letzte Geschichte gilt). „Javier Marias – Während die Frauen schliefen“ weiterlesen

Javier Marías – Alle unsere frühen Schlachten

Es gibt eigentlich nur wenig Gründe für mich, ein Fußballbuch eines Real Madrid Fans zu lesen. Dafür mag ich viel zu sehr Reals Erzfeind Barça und was noch mehr wiegt, ich hasse Real (im Regelfall bedingt das Eine das Andere). So ist dies nun mal als Fußballfan. Fußball zu schauen macht nur Freude, wenn man nach Gut und Böse aufteilt. Nun liegt mir aber doch Javier Marías „Alle unsere frühen Schlachten“ vor, ein Buch eines leidenschaftlichen Real Fans mit 34 kurzen Geschichten zum Thema Fußball. Das ich das Bändchen lese, hat mehrere Gründe, die summiert die Lektüre sehr lohnenswert erscheinen lassen. Da ist zum einen der wesentliche Fakt, das Marias sicherlich zu den besten Schriftstellern unserer Tage gehört und ich die Art seines Schreibens für sehr, sehr lesbar halte. Zum Anderen ist da die Tatsache, dass Real dieses Jahr nichts (oder anders formuliert: NULL TITEL; nada) gewonnen hat, was meinen Hass durch eine Prise Mitleid mildert. Und letztendlich ist so viel, was man im Fernsehen über Fußball sehen kann, oder was in Zeitungen, dem Netz oder Büchern geschrieben steht, ein solch oberflächiger Mist, dass ich mir gern mal etwas anschauen möchte, von dem man eine gewisse Reflexion erwarten kann. „Javier Marías – Alle unsere frühen Schlachten“ weiterlesen