Whiplash

Jahr: 2014 | Regie und Drehbuch: Damien Chazelle | Musikfilmdrama | Länge: 106min | Location: New York

Der Traum den wohl jeder Mensch einmal träumt ist der, der Beste zu sein: der beste Fußballer, der angesehenste Schauspieler, der genialste Wissenschaftler, der virtuoseste Musiker. Aber – und dass merken die allermeisten mehr oder weniger schnell – zum Ausnahmetalent reicht es dann doch nicht. Wie aber erreicht man Größe, eine Größe die einen von anderen abhebt, die eine Stufe höher liegt als großes Talent. Das ist das Thema von Damien Chazelles 2014er Musikfilmdrama „Whiplash“. „Whiplash“ weiterlesen

Christoph Hein – Landnahme

Bernhard Haber ist ein schweigsamer und schulisch leistungsschwacher Schüler. Trotzdem hat er eine beachtliche Präsenz, niemand in der Klasse würde sich mit ihm anlegen, obwohl man es allzu gern täte, denn ein Merkmal ist es, das ihn scheinbar am besten beschreibt und gleichzeitig zum großen Außenseiter macht, in den 1950er Jahren im kleinen fiktiven Städtchen Guldenberg an der Mulde: er ist ein aus Schlesien vertriebener Umsiedler.

In Christoph Heins 2004 erschienenen Roman „Landnahme“ wird ein Großteil des Lebens eines Vertriebenen erzählt, der noch in Kindheitstagen aus Breslau nach Sachsen kommt, mit einem behinderten, einarmigen Vater, der als Tischler kaum mehr arbeiten kann und deren gemeinsam größtes Problem vielleicht nicht einmal die große Armut ist, in welcher sie leben, sondern das sie keine Heimat mehr haben und das der neue Lebensort sie argwöhnisch und feindlich begrüßt und ihnen klar machen möchte, ihr seit hier Fremde – und Fremde sind nun mal keine Einheimischen. „Christoph Hein – Landnahme“ weiterlesen

Marc-Uwe Kling – Qualityland

Dystopien sind ein gern genutztes Genre, um heutige Entwicklungen kritisch zu durchleuchten, um sie in einer entfernten Zukunft zu spiegeln. Interessanterweise sind sie weitaus jünger als Utopien, die einen fiktiven Nicht-Ort, ein herbeigewünschtes Nirgendwo beschreiben. Dystopien tauchen erstmals seit der industriellen Revolution auf und in den letzten Jahren scheint diese Gattung durchaus Konjunktur zu haben, was vielleicht dafür spricht, dass wir in bewegenden Zeiten leben. „Marc-Uwe Kling – Qualityland“ weiterlesen

Fikkefuchs

Jahr: 2017 | Drehbuch, Schnitt und Regie: Jan Henrik Stahlberg | 104 min | Tragikkomödie

Richard „Rocky“ Ockers (Jan Henrik Stahlberg) war einst der „Stecher von Wuppertal“. Jetzt lebt er allein mit Hund in Berlin und wird bald 50, sieht aber älter aus, was er nicht bemerken will. Als Squash-Partner ist er nur noch Sparring, noch schlimmer sieht es jedoch bei der einst so erfolgreichen Kommunikation mit dem anderen Geschlechts aus. Nur noch in seiner Fantasie treibt es ihn in Ägäis, wo als Rettungsschwimmer der Schwarm der Damenwelt ist. Sein Sohn Thorben (Franz Rogowski) wiederum ist das Kind einer anderen Generation. Sein Erfolg bei Frauen ist noch desaströser, was ihn frustriert und zu einem Straftäter macht, der in der Psychiatrie landet. Aus dieser entflieht er um nach Berlin zu gehen, denn dort soll es willige Frauen geben und seinen Vater „Rocky“, den er bis dahin noch niemals im Leben sah. „Fikkefuchs“ weiterlesen

Juli Zeh – Nullzeit

Die Schönheit Lanzarotes sieht Sven schon lange nicht mehr, wenn er sie denn je beachtete. Seit fast 14 Jahren ist er Tauchlehrer auf der Kanareninsel und betreibt eine Tauchschule mit angeschlossenem Gästehaus in einem abgelegenen Teil des Archipels, gemeinsam mit seiner Jugendfreundin Antje. Bald wird er 40 Jahre alt werden und für seinen Geburtstag hat er sich etwas Besonderes ausgedacht. Er möchte auf 80m Tiefe steigen und ein altes Schiffswrack erkunden, was nahezu unbekannt vor der Insel auf Grund liegt. Doch vorher muss er noch einen Großauftrag abarbeiten. Die Schauspielerin Jola von der Pahlen, eine bezaubernd gut aussehende B-Prominente und der Schriftsteller Theo Hast, dessen literarische Veröffentlichungen bei der Zahl eins stehen blieb, wollen einen zwei wöchigen Intensivtauchkurs aufnehmen, dem Sven die stattliche Summe von 14.000€ bescheren wird. Jolas und Theos Beziehung scheint dabei außergewöhnlich, denn Liebe und Hass, Zärtlichkeit und Gewalt lösen sich bei ihnen unvermittelt ab und Sven wird in eine nicht ungefährliche Dreiecksbeziehung getrieben. „Juli Zeh – Nullzeit“ weiterlesen

Marie-Janine Calic – Südosteuropa. Weltgeschichte einer Region

Die Münchner Geschichtswissenschaftlerin beschreibt in ihrem 2016 erschienenen Buch „Südosteuropa. Weltgeschichte einer Region“ in die Geschichte des Südostens Europas ein, der gemeinhin gern auch als Balkan bezeichnet wird (warum sie diesen Begriff lieber vermeidet, erfährt der Leser recht bald). In über 600 Seiten führt uns die Geschichte von Alexander dem Großen bis zum Jugoslawien-Krieg. Calic vermittelt dabei nicht nur die Historie dieses Teils des Kontinents, sondern zeigt wie verflochten er ist in die Geschicke Europas und der Welt. Sie beleuchtet die Herrschaft großer Imperien, wie dem Osmanischen Reich oder der Habsburger Dynastie, die erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Region hatten, ebenso wie sie das bunte Gemisch aus Ethnien und Religionen beschreibt, aus denen im 19. und 20. Jahrhundert eigene Nationalstaaten wurden, die sich wiederum (manchmal recht fantasievoll) der Geschichte bedienten, um ihre geistige Legitimation zu erklären. „Marie-Janine Calic – Südosteuropa. Weltgeschichte einer Region“ weiterlesen

Victoria

Jahr: 2015 | Regie und Drehbuch: Sebastian Schipper (Drehbuch auch: Olivia Neergard-Holm und Eike Schulz) | Kammerspiel | Länge: 140min | Location: Berlin

Bei Spaniern ist Berlin eine sehr attraktive Adresse. Die Stadt besitzt dort einen Charme, den sie innerhalb Deutschlands nicht hat und es sind gerade junge Spanier, die eine große Faszination mit der Stadt verbinden. Ob das mit den sehr guten Möglichkeiten zu tun hat in Berlin bis spät in die Nacht hinein zu feiern lässt sich von meiner Perspektive nicht beurteilen, wäre aber eine interessante Hypothese, denn die Clubs der Stadt genießen auch weit über die Landesgrenzen hinaus einen guten Ruf, so man denn mit diesem Wissensgebiet beschäftigt.

Die Madrilenin Victoria (Laia Costa) feiert bis spät in die Nacht in einem Berliner Undergroundclub (wobei Underground dafür steht, dass der Klub sich in einem Kellergeschoss befindet). Gegen 4 Uhr morgens gibt es nicht mehr viel zu tanzen, feiern oder trinken und sie entscheidet sich zu gehen, wobei sie auf vier schon recht erheiterte Berliner Jungen trifft. Sonne (Frederick Lau), Boxer (Franz Rogowski), Blinker (Burak Yigit) und Fuß (Max Mauff) kommen nicht in den Klub herein und Victoria lässt sich dazu überreden mit den Vieren noch etwas Zeit zu verbringen. Was als leicht betrunkenes Abhängen ohne Zwang beginnt, wird im Laufe des Morgens zu einem gefährlichen Spiel. „Victoria“ weiterlesen

Gerd Gigerenzer – Risiko

Gerd Gigerenzers Buch „Risiko“ trägt den etwas verwirrenden Untertitel: „Wie man die richtigen Entscheidungen trifft“. Wer daher einen Lebensratgeber erwartet, der einen sagt, bei Risiko 1 tue A und bei Risiko 2 tue B, der ist bei diesem wunderbaren Sachbuch nicht richtig. Gigerenzer geht es um etwas viel grundsätzlicheres, er möchte uns von der Wichtigkeit individueller Risikokompetenz überzeugen. Damit ist gemeint, dass Bürger gestärkt werden sollen, mit Risiken und Ungewissheiten besser selbstbestimmt umzugehen und sich weniger auf angebliche Argumente von Produktproduzenten oder Lobbygruppen zu verlassen. Er gibt dafür drei Themenkomplexe vor: Gesundheitskompetenz (die Stärkung des selbstbestimmten Patienten), Finanzkompetenz (die Stärkung des seine Investitionen verstehenden Investors) und digitale Risikokompetenz (also dem „gesunden“ Umgang mit neuen Technologien des Internets). „Gerd Gigerenzer – Risiko“ weiterlesen

The Square

Jahr: 2017 | Regie und Drehbuch: Ruben Östlund | Gesellschafts-Satire | Länge: 142min | Location: Stockholm

„The Square ist ein Zufluchtsort, an dem Vertrauen und Fürsorge herrschen. Hier haben alle die gleichen Rechte und Pflichten.“ So steht es im Manifest für eine Kunstinstallation einer argentinischen Künstlerin, die im X-Royal Kunstmuseum in Stockholm gezeigt werden soll. Für Museumskurator Christian (Claes Bang) ist diese Installation, die aus einem eingegrenzten Quadrat auf einem gepflasterten Platz besteht, nur ein Kunstprojekt neben anderem, in seiner täglichen Arbeit aus Öffentlichkeitsarbeit, Management des Museums und den allgemeinen Verpflichtungen in der Szene der Künstler, Liebhaber und Mäzenen. So muss er der amerikanischen Journalistin Anne (Elisabeth Moss) ein Interview geben in welchem er die notorische Geldknappheit für moderne Kunst beklagt. Gleichfalls soll er eine Marketingkampagne  für die Installation „The Square“ absegnen, wo zwei dynamische PR-Jünglinge mal was ganz Neues aufziehen wollen, um viral Kunstwerk und Museum ins Gespräch zu bringen. Aber natürlich hat auch er Probleme, die über die reflektierte Welt des Kunstbetriebs hinausgehen, so wird ihm in einer fast schon eventhaft gespielten Szene sein Handy geklaut und er ersinnt einen scheinbar gerissenen Plan, es wieder zu bekommen. „The Square“ weiterlesen

How it Ends

Jahr: 2018 | Regie: David M. Rosenthal | Länge: 113min | Endzeit-Action-Road Movie | veröffentlicht: nur auf netflix nicht im Kino| Location: Mittlerer Westen der USA

Ich kann mich eigentlich an keinen wirklich schlechten Film mit Forest Whitaker erinnern, weshalb ich beim im Juli auf netflix veröffentlichten Action-Endzeit-Thriller „How it Ends“ auch gar nicht mal ein so schlechtes Gefühl hatte, denn er hatte ja quasi eine Qualitätsgarantie dabei. Wie sich herausstellen sollte, ist dieser Film aber tatsächlich eher mittel, wenn man es freundlich formulieren möchte und ehrlicherweise muss man Forest Whitaker daran eine Teilschuld geben. „How it Ends“ weiterlesen