Carlos Ruiz Zafón- Der Schatten des Windes

Erschien 2001 im spanischen Original „La sombra del viento“ bei Editorial Planeta | deutsche Übersetzung von Peter Schwaar hier vorliegend in der Fischer Taschenbibliothek mit 774 Seiten

Meine Aufmerksamkeit und das Verlangen etwas mir Unbekanntes zu erkunden, werden durch mir nebelhaft erscheinende Motivationen ausgelöst. Ich versuche an dieser Stelle, etwas Licht in diesen Schattenbereich zu werfen und eine kleine Phänomenologie meines Interesses an Carlos Ruiz Zafón aufzustellen.
Wie jeder halbwegs interessierte Buchleser, war mir der Name Zafón in irgendeiner fast unbewussten Art und Weise bewusst, denn der Katalane, der in spanischer Sprache schrieb,[1] schaffte es in den 2000er Jahren zahlreiche Beststeller zu veröffentlichen. Eine hohe Position in den Beststellerlisten zu erklimmen, reicht natürlich nicht, meinen Mantel der Ignoranz zu lüften. Aber vor gar nicht langer Zeit las ich einige Zeilen, über das mir unbekannte Schloss Wiepersdorf in Brandenburg. Wiepersdorf ist ein ganz besonderer Platz für die Geschichte der Künste in Deutschland. Nicht nur war es der Wohnort des berühmten Dichterpaares der Romantik, Bettina[2] und Achim von Arnim, es ist gleichzeitig ein Anziehungspunkt zahlreicher schreibender Künstler. Carlos Ruiz Zafón beispielsweise war Anfang der 2000er Jahre Stipendiat im Künstlerhaus auf Schloss Wiepersdorf, gerade zu jener Zeit als sein Roman „Der Schatten des Windes“ immer mehr an Aufmerksamkeit erlangte.[3] Das reichte mir aus, um nach dem Roman zu greifen. Ein Besuch des Schlosses wird dieses Jahr noch folgen. „Carlos Ruiz Zafón- Der Schatten des Windes“ weiterlesen

Florida Man

Idee: Donald Todd | Dramedy-Mini-Serie | 7 Folgen | veröffentlicht 2023 auf Netflix | Location: Florida

Zur Serien-Abwechslung lösen wir uns für einen Moment von den shakespeareschen Verwicklungen der Familie Roy in „Sucession“ und schauen nach Florida, dem südöstlichen Zipfel des US-amerikanischen Festlandes; Startrampe für Weltraumfahrten der NASA, Spring Break Hauptanlaufpunkt, Ruhestandsparadies und (eher neuerdings) konservatives Eldorado der amerikanischen Politik. „Florida Man“ weiterlesen

Ewald Arenz – Der große Sommer

Erschein 2021 bei DuMont mit 317 Seiten

Aus der Reihe:  aus fremden Regalen

Es ist fast drei Jahre her, da las ich das schöne Herbstbuch „Alte Sorten“ von Ewald Arenz. Jetzt ist es Sommer im Jahr 23 und da schnappte ich mir Arenz Nachfolgeroman „Der große Sommer“ der passenderweise in der warmen Jahreszeit spielt; einen ganzen Sommer lang, in den ersten Jahren der 1980ziger. „Ewald Arenz – Der große Sommer“ weiterlesen

Alice Munro – Tricks

Originaltitel: „Runaway“ | erschien 2004 | deutsche Übersetzung von Heidi Zernig 2006 bei S.Fischer | hier vorliegend als Fischer Taschenbibliothek mit 528 Seiten

Seit ich im Frühjahr „Liebes Leben“ von Alice Munro gelesen habe, war mein Wunsch, die Texte der kanadischen Nobelpreisträgerin, weiter kennen zu lernen, sehr groß. Deshalb bestellte ich mir „Tricks“, in der praktischen Hosentaschenbuchausgabe des Fischer Verlages zum überall mit Hinnehmen und Lesen.[1]

Die acht Erzählungen dieses Bandes beginnen mit „Ausreißer“ der Geschichte einer in Trümmern liegenden Beziehung und der Möglichkeit einer Ausflucht aus diesen. Der Clou der Geschichte ist aber die Frage nach der emotionalen Richtigkeit der Entscheidung. In der englischen Originalausgabe ist diese Geschichte titelgebend für den Erzählband, in der deutschen Übersetzung nicht, was ich zwar nicht verstehe, dem Band aber keinen Abbruch tut, denn die Geschichte „Tricks“, auf die ich später noch kommen werde, finde ich sogar noch ein klein wenig besser.
Die Erzählungen zwei, drei und vier stellen die Person Juliet in den Vordergrund der Handlung, wobei ich besonders auf die letzte „Juliet“-Story eingehen möchte.
„Schweigen“ allein ist ein kleines Meisterwerk. Wie bei den beiden Stories vorher, begleiten wir hier Juliet, die ihre mittlerweile erwachsene Tochter Penelope in einem spirituellen Erwachenszentrum besuchen möchte. Juliet hat Penelope seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen, so lang wie nie in ihrer beider Leben. Sie freut sich sehr auf das Wiedersehen und ist etwas ängstlich wegen der möglichen Veränderungen, welche die Zeit des Nicht-Sehens mit sich bringen könnte. Munrow entwirft auf 52 Seiten eine Biographie von Juliet, die wir schon aus den beiden vorherigen Geschichten teilweise kennen und so einzelne Details wiederfinden, um so das Puzzle, dass die Geschichte eines Menschen ausmacht, weiter zusammensetzen zu können, nur das wir hier weit in die Zukunft hineinschauen werden. Der Fokus von „Schweigen“ wird auf den Zustand des „Nicht-mehr-da-Seins eines geliebten Menschen“ gelegt, welcher Juliet zweimal im Leben ereilt. Die beiden wichtigsten Personen, die für sie existieren, verlassen Juliets Leben und wir sehen was aus diesen passiert. Dieser melancholische Text über das Umgehen mit dem Fehlen, dem Vermissen und dem Allein-Gelassen-Sein hat eine eigene Wucht. Munro stellt dafür zwei sehr unterschiedlichen Sujets gegenüber, den Tod und den Kontaktabbruch. Das macht „Schweigen“ zu einem großartigen Text über die Souveränität Entscheidungen anderer zu akzeptieren, zeigt aber auch die Konsequenzen im Leben und die tiefe innerlicher Trauer darüber.[2]
Alle drei Geschichten zusammen wurden übrigens von Pedro Almodovar als Inspiration für seinen Film „Julieta“ genommen, der damit auf meiner Filmliste aufgenommen wurde. „Alice Munro – Tricks“ weiterlesen

Jürgen Neffe – Einstein. Eine Biografie

Erschien: 2005 bei Rowohlt | hier vorliegend als Taschenbuch (2006) mit 496 Seiten

Ich bin eigentlich kein großer Freund von Biografien. Jedoch entwickle ich mich mit zunehmendem Alter zu einem Interessierten der Physik. Das hätte ich mir in der 10.Klasse mal nicht erträumen lassen, als ich Physik für die Sekundarstufe 2 abwählte, weil ich vermutete, die Teilnahme an diesem Fach könnte mich das angestrebte Abitur kosten, denn die Gefahr an einer Naturwissenschaft zu scheitern, erschien mir beträchtlich und kombiniert mit meiner Faulheit und unzureichenden Auffassungsgabe, war für mich – in der Bundesligaterminologie gesprochen – jedes Jahr ein Kampf, um den Klassenerhalt und da muss man sehen, wie man seine Schäfchen elegant ins Trockene bringt. Tatsächlich habe ich dann zwei Jahre später das Abitur geschafft, aber ganz richtig fühlt sich der Schritt Physik abzuwählen heute trotzdem nicht mehr an.
Mein Opa schenkte mir vor Jahren zu Weihnachten eine Biografie über Albert Einstein, dem nicht nur bekanntesten, sondern sicherlich auch wichtigsten Naturwissenschaftler des 20.Jahrhunderts. Im Zuge meiner sich langsam steigernden Affirmation zur Welt der Physik, dachte ich mir das Studium einer Biografie Einsteins schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe, nicht nur würde ich etwas über den großen Meister und sein Leben erfahren, ich würde wohl auch etwas zu seinem Werk lernen können und dass hoffentlich auf einer Abstraktionsebene, welche einen Lichtpunkt in die dunkle Materie meines Geistes setzen könnte. „Jürgen Neffe – Einstein. Eine Biografie“ weiterlesen

Irene Vallejo – Papyrus

Erschien 2019 unter dem spanischen Originaltitel: „El infinito en un junco. La invención de los libros en el mundo antiguo“ | deutsche Übersetzung von: Maria Meinel und Luis Ruby erschien 2022 bei Diogenes mit 746 Seiten

Im Herbst letzten Jahres war Spanien das Gastland der Frankfurter Buchmesse und zu diesem Thema wurde im wunderbaren Bücherpodcast der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Folge nur zu diesem Thema ausgestrahlt. Ein Teil der einstündigen Sendung war einem Buch über Bücher gewidmet und als selbsternannter bibliophiler Mensch erfuhr dies natürlich meine besondere Aufmerksamkeit. Die aragonesische Autorin Irene Vallejo erörtert im vorgestellten Werk eine launige Geschichte des Buches an Hand von persönlichen Eindrücken über Bücher. Als ich nun im Frühjahr ein Exemplar dieses Buches im Zweitbuch Wiesbaden sah, konnte ich nicht anders als zuzuschlagen. „Irene Vallejo – Papyrus“ weiterlesen

Succession – 2.Staffel

Idee: Jesse Armstrong | Drama-Serie | 2.Staffel von 4 mit 10 Episoden | veröffentlicht 2019 auf HBO (in Deutschland auf Wow Serien)

Es ist lange Zeit her, dass mein Sehverhalten Züge von Binge Watching aufzeigte (ich erinnere mich an „Sopranos“, „The Wire“ oder „Breaking Bad“, die ich so verschlang). „Succession“, die gerade endenden Serie über die Familie des TV-Moguls Logan Roy (Brian Cox) treibt mich dazu, möglichst schnell und viel von diesem Meisterwerk aufzusaugen, denn diese Serie ist ein Serien-Meilenstein der letzten Jahre. „Succession – 2.Staffel“ weiterlesen

Roberto Bolaño – Amuleto

Erschien 1999 im spanischen Original | deutsche Übersetzung von Heinrich von Berenberg erschien 2002 bei Verlag Antje Kunstmann (hier vorliegend als Fischer Taschenbuch) | 176 Seiten

Die Welt wird zunehmend komplexer und tatsächlich kann darin eine gewisse Langweiligkeit liegen, wenn man sich in ihrer Komplexität verliert. Wie Sie, geneigter Leser, vielleicht schon bemerkt haben, entwickle ich mich zum großen Freund des Autors Roberto Bolaño. Wie bereits an anderer Stelle vermerkt, erwarb ich Sekundärliteratur zu Bolaños Roman „2666“. Diese habe ich immer noch nicht beendet, aber in diesem kleinen Büchlein, war die Bemerkung zu lesen, dass die Zahl „2666“ im Roman „Amuleto“ genannt wird. Also habe ich habe ich mir noch schnell diesen Roman besorgt. Die Frage ist aber, auf der Suche nach was bin ich da eigentlich? „Roberto Bolaño – Amuleto“ weiterlesen

Special Correspondents

Jahr: 2016 | Regie & Drehbuch: Ricky Gervais | Komödie | 100min

Ich würde mich durchaus als Fan von Ricky Gervais bezeichnen, wobei mir insbesondere seine Stand-Up Comedy Shows (und Golden Globe Präsentationen) gefallen, die man z.B. auf Netflix ansehen kann. Da ist die Nachricht, dass Gervais im November nach Berlin kommt, natürlich verführerisch, aber als ich die Preise gesehen habe, die der Brite aufruft, war ich dann schon überrascht, dass bereits jetzt fast alle Tickets verkauft sind.[1] Auf eben genannter Plattform zeigte mir der diensthabende Algorithmus neulich eine Komödie von und mit Gervais an und da musste ich dann doch mal reinschauen, obwohl Gervais Serien und Filme dann doch nie so wirklich überzeugen und um es vorwegzunehmen, auch „Special Correspondents“ ist keine Weltklasse Unterhaltung, aber grundsolide. „Special Correspondents“ weiterlesen

Barry – 4.Staffel

Idee: Bill Hader, Eric Berg | Dramedy | 8 Folgen in finaler 4.Staffel (insgesamt 32 Folgen) | veröffentlicht 2023 auf HBO (in Deutschland auf Wow Serien)

Eigentlich hatte ich nach dem Ende der 3.Staffel von „Barry“ keine mögliche Fortführung für die Serie gesehen und dachte, damit wäre eine der klügsten und witzigsten Serien der letzten Jahre abgedreht. Aber weit gefehlt, Bill Hader und Eric Berg versorgen uns mit einem grandiosen Abschluss der Reihe über Authentizität, Schauspiel, Ruhm und Mord. „Barry – 4.Staffel“ weiterlesen