Memento

Jahr: 2000 | Regie und Drehbuch: Christopher Nolan | Krimi |  Länge: 109 min |

Es ist an der Zeit ab und an einen Klassiker der Jahrtausendwende wieder neu anzusehen. Ein solcher ist mit Sicherheit „Memento“, ein Krimi, mit dem Christopher Nolan Anfang der 2000er Jahre seinen Durchbruch schaffte. Den Film zeichnet eine – in jenen Jahren der Jahrtausendwende so gern und kreativ angewendete – innovative Erzählstruktur aus. Memento besteht aus zwei Ebenen; bei der ersten Ebene laufen die verschiedenen Szenen rückwärts ab, jede Szene erklärt also was vorher passierte. Die zweite Ebene – in schwarz-weiß gedreht – erzählt chronologisch, den Vorlauf der Handlungen der ersten Ebene und erläutert gleichzeitig, was im Leben des Haupthelden Leonard (Guy Pierce) passierte. „Memento“ weiterlesen

Westworld – 3.Staffel

Idee: Jonathan Nolan, Lisa Joy | Science-Fiction-Serie | 3. Staffel mit 8 Folgen | Erstausstrahlung 2020 bei HBO

Staffel drei des epochalen Meisterwerks „Westworld“ ist auf HBO veröffentlicht wurden. Nachdem die beiden ersten Staffeln jeweils absolute Jahreshighlights waren, und man vernehmen durfte, dass für die neue Produktion einige Aufnahmen in Valencia gefilmt worden, also quasi vor der Haustür, ist die Vorfreude natürlich groß freuen und die Erwartungen einigermaßen riesig auf die, diesmal nicht zehn, sondern nur acht neuen Folgen. „Westworld – 3.Staffel“ weiterlesen

T.C. Boyle – Wenn das Schlachten vorbei ist

Boyles 13.Roman „When the Killing is gone” kam im englischen Original 2011 heraus und thematisiert einen Streit zwischen zwei Gruppen von Umweltschützern. Auf der einen Seite steht Alma Boyd, Pressesprecherin des Channel Island National Parks. Diese staatlich geförderte Organisation wurde zum Schutz der Kanalinseln gegründet, welche vor der kalifornischen Küste bei Santa Barbara liegen. Almas aktuelles Projekt ist es, die Inseln auf ihre natürliche tierische Population zurückzuführen, was beispielsweise für das kleine Inselchen Anacapa bedeutet, dass man dort alle Raten tötet, weil diese vom Menschen eingeschleust wurden und die natürlich bzw. länger auf der Insel lebenden Tierarten bedrohen. Alma wird dabei, zumindest unbewusst von ihrer Großmutter angetrieben. Sie überlebte kurz nach Ende des 2.Weltkriegs einen dramatischen Bootsunfall und konnte sich mit letzter Kraft auf Anacapa retten, wo sie auf Heerscharen von Ratten traf, die aber nicht ihren eisernen Willen zu Überleben hat einschüchtern konnten.
Eine entgegengesetzte Position, gleichwohl aber auf Tierschutz ausgerichtet, vertritt die FPA, eine vom einen wohlhabenden Rasta Träger gegründete Gesellschaft, welche sich dem radikalen Tierschutz widmet, der das Töten aller Tiere verhindern möchte und damit auch das der Ratten auf Anacapa. „T.C. Boyle – Wenn das Schlachten vorbei ist“ weiterlesen

La Virgen de agosto

Jahr: 2019 | Regie & Drehbuch: Jonas Trueba | Spielfilm | Länge: 125 min | Location: Madrid

Eva (Itsaso Arana) ist eine 33-jährige Madrilenin, welche die erste Hälfte des Augusts übergangsweise in einer Wohnung eines Bekannten wohnt, da dieser in die Ferien fährt. Eva will diese Tage nutzen, um Ihr Leben oder besser ihre Zukunft zu finden. Damit ist auch schon ganz grob der Plot von Jonas Truebas Spielfilm „La Virgen de agosto“ (deutsch: die Jungfrau des Augustes) beschrieben. „La Virgen de agosto“ weiterlesen

David Mitchell – Chaos

Warum habe ich eigentlich David Mitchel nicht schon viel früher mal gelesen? Bekannt ist er mir schon seit vielen Jahren, aber irgendwie lag nie ein Buch vor mir. Jetzt endlich bestellte ich „Chaos“, Mitchells ersten Roman aus dem Jahr 1999, dass Teil meiner Sommerbibliothek werden sollte.

„Chaos“, dessen englischer Originaltitel „Ghostwritten“ für den Großteil des Buches besser passt, als die deutsche Kreation (wenn man das Buch beendet hat, dann kann man sich auch mit dem deutschen Titel anfreunden) ist ein Roman, der aus neun längeren Geschichten (und einer sehr kleinen Abschließenden) besteht. Diese Storys sind für sich recht vielfältig und teilweise wundervoll geschrieben. Wir erleben einen Terroristen auf der Flucht, eine junge Liebe in Tokyo, einen mitgenommenen Bänker in Hongkong, eine Reise durch die Mongolei, eine von ihren Reizen überzeugte Museumswärterin in St. Petersburg, einen Musiker und Ghostwriter in London der Erfolg bei den Frauen, aber kein Geld hat, eine Wissenschaftlerin auf der Flucht auf einer einsamen irischen Insel und eine Radiotalkshow in der Nacht New Yorks.
Alle diese Geschichten sind für sich genommen schon wundervolle Erzählungen. Sie sind alle in der Ich-Form geschrieben und lassen den Leser in unterschiedlichste Personen eintauchen, die zwar nicht immer sympathisch, aber jederzeit eine spannende Geschichte zu berichten haben. Dabei erleben sie Liebe, Hass, Gewalt, Erleuchtung oder Enttäuschung.
Zusätzlich ist Mitchell ein hervorragender Beobachter und Beschreiber von Orten und man lernt viel über die Städte und Plätze, die er in „Chaos“ einbaut. Er schafft es auch wundervoll komische Passagen mit Tragik und Spannung abzuwechseln, was dieses Buch sehr, sehr kurzweilig werden lässt. Hier nur ein kleines Beispiel, was genauso zeitgemäß, wie witzig ist (S.523; Beginn des Kapitels „Night Train“): „David Mitchell – Chaos“ weiterlesen

Daniel Kehlmann – Tyll

Vor 400 Jahren versank Mitteleuropa in eine der schlimmsten Auseinandersetzung seiner Geschichte, dem 30-jährigen Krieg. Daniel Kehlmanns 2017 erschienener Roman „Tyll“ blickt auf diese bitteren Zeiten. Der Titel des Romans „Tyll“ lässt dabei an Till Eulenspiegel denken, einer literarischen Figur, die allerdings schon im 14. Jahrhundert auftauchte und als umherreisender Schalk, den Menschen einen ungeschönten Spiegel vors Gesicht zu halten. Daran knüpft Kehlmann an, wobei er nicht eine eine fiktive Biographie eines Tyll Uhlenspiegels konstruiert, sondern ein Panorama der Zeit aufzeigt, dass seine Hauptfigur benutzt, um von Ort zu Ort und Person zu Person zu springen. Der Leser sieht Tyll, als Gaukler, Artist und Hofnarren und erlebt, wie Städte vom Krieg heimgesucht, wie Schlachten geschlagen und Menschen der Hexerei überführt werden. Er lernt historische Gestalten kennen, wie den Winterkönig Friedrich V. von der Pfalz und seine Gemahlin Elisabeth Stuart, oder den Universalgelehrten Athanasius Kircher und hat eine Ahnung wie es damals gewesen sein muss in einer Zeit, wo man nur noch Krieg kannte und nichts anderes mehr. „Daniel Kehlmann – Tyll“ weiterlesen

Christoph Hein – Glückskind mit Vater

Christoph Hein schätze ich sehr, weil er über die jüngere deutsche Geschichte außerordentlich lesenswerte Romane verfasst hat, so wie „Landnahme“, einen großartigen Vertriebenenroman, der in der DDR spielt. Ein ähnlich geschichtliches Sujet behandelt „Glückskind mit Vater“ aus dem Jahr 2016.
Der Ich-Erzähler Konstantin Boggosch ist ein angesehener Bürger einer Kleinstadt an der Havel. Er war Gymnasialdirektor und zum Jubiläum der Bildungsanstalt wird er von der Lokalzeitung um ein Interview gebeten. Doch Boggosch ist nicht daran interessiert, denn er möchte die alten Zeiten Ruhen lassen, denn er hat ein (irgendwie offenes und doch verstecktes) Geheimnis, was er Zeit seines Lebens mit sich herumträgt; die Abstammung von seinem Vater, der ein am Ende des Krieges gehängter Kriegsverbrecher war. Obwohl Konstantin erst nach dessen Tod geboren wurde, verfolgt der Vater und sein Wirken für die Nazis im 3.Reich ihm auf Schritt und Tritt und behindern sein Leben in der DDR, woraufhin Konstantin einen Plan fasst. „Christoph Hein – Glückskind mit Vater“ weiterlesen

You Kill Me

Jahr: 2007 | Regie: John Dahl | Krimikomödie | Länge: 92min | Location: San Francisco

Frank Falenczyk (Ben Kingsley) hat ein Problem und sein Problem ist nicht, dass er für die polnische Mafia Auftragskiller ist, sondern das er deutlich zu viel trinkt und sein Alkoholismus seine Tötungsarbeit sehr stark beeinträchtigt. Also wird er von seinem Onkel (Philip Baker Hall) nach San Francisco geschickt, um zu entziehen. Dort tritt er den Anonymen Alkoholikern bei, wo er den trockenen Alkoholiker Tom (Luke Wilson) trifft und sich in die Managerin Laurel Pearson (Téa Leoni) verliebt. „You Kill Me“ weiterlesen

Karl Hepfer – Verschwörungstheorien. Eine philosophische Kritik der Unvernunft

Schon im letzten hier vorgestellten Sachbuch über die veränderte Rolle der Medien in unseren Zeiten habe ich versucht näher kennenzulernen, wie heutzutage Informationen gesellschaftlich bewertet und weitergeleitet werden. Dabei maßgeblich sind neue Formen, wie die sozialen Medien, die in der Menschheitsgeschichte einen großen Umbruch einzuleiten scheinen. So stellt Karl Hepfer fest:

„Ackerbau und Industrialisierung haben in der Vergangenheit unsere Lebensumstände jeweils grundlegend revolutioniert. Das allgemeine Überangebot an Informationen ist gerade dabei, dies ein weiteres mal zu tun. Mit einem wesentlichen Unterschied. Denn bei dieser Revolution betrifft die Veränderung nicht mehr die physischen Bedingungen unserer Existenz, sondern vor allem unsere ‚psychische‘ Umgebung.“ (S. 139)

Wir leben in sehr dynamischen Zeiten, die unsere Wahrnehmung der Welt maßgeblich zu verändern scheinen. Ein Merkmal unserer Gegenwart ist das Auftreten bzw. die Wahrnehmung von Verschwörungstheorien. „Karl Hepfer – Verschwörungstheorien. Eine philosophische Kritik der Unvernunft“ weiterlesen

Sasa Stanisic – Vor dem Fest

Sasa Stanisic gilt als einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der letzten Jahre. In Buchhandlungen liegen seine Bücher stets gut platziert und immer mal wieder hört man, dass der Vorgang ein Stanisic als Buch zu verschenken, sowohl Schenkenden, als Beschenkten als destingierten Leser auszeichnen. Da traf es sich vortrefflich, dass ich mir Stanisics zweiten Roman „Vor dem Fest“ ausleihen konnte.

Wir befinden uns im kleinen Ort Fürstenfelde in der Uckermark. Es ist Spätsommer geworden und am morgigen Tag findet der Höhepunkt des Kalenderjahres statt, das Annenfest. Sasa Stanisic führt uns durch die Nacht vor dem Fest und porträtiert in vielen kleinen Kapiteln die Bewohner des Ortes, wie beispielsweise Herrn Schramm „ehemaliger Oberstleutnant der NVA, dann Förster, jetzt Rentner und, weil es nicht reicht, schwarz bei Von Blanckenburg Landmaschinen…“, den ehemaligen Postboten Dietzsche, der Hühnereier verkauft, Johann, der das Glockenspielen lernt oder seine Mutter Frau Schwermuth, welche nicht nur das Heimatmuseum leitet, sondern auch so eine Art heimliche Bürgermeisterin von Fürstenfelde ist. Wir begleiten eine Fehe auf ihrem Streifzug durch das nächtliche Fürstenfelde und wir hören von alten Geschichten, Mythen und Sagen des Ortes und der Umgebung. „Sasa Stanisic – Vor dem Fest“ weiterlesen