Christian Kracht – 1979

Wir schreiben das Jahr 1979 als der namenlose, deutschstämmige Erzähler mit seinem Freund Christopher in Teheran ankommt. Die ehemalige Liebesbeziehung der Beiden ist schon lange am Ende und wenn ein Fünkchen Liebe noch aufblitzt, so um gleich von einer Welle von Hass weggespült zu werden. Zusammen gehen sie auf eine Party, wo die iranische Oberschicht noch ein letztes Mal dekadent feiert, die islamische Revolution steht vor der Tür und hat das Anklopfen schon lange hinter sich gebracht, der Schah soll schon geflüchtet sein. Während Christopher sich ausschweifend Drogen hingibt, lernt der Erzähler den sehr mysteriösen Rumänen Mavrocordato kennen, der ihm prophezeit, dass der Erzähler sich halbieren wird und es ziemlich schlimm kommen wird. „Christian Kracht – 1979“ weiterlesen

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Jahr: 2017 | Regie und Drehbuch: Martin McDonagh | Länge: 116min | Location: Ebbing (fiktive Kleinstadt im Mittleren Westen der USA)

Abseits gelegen von der Kleinstadt Ebbing stehen seit vielen Jahren Plakatwände herum. Hier kommen nur wenige Menschen vorbei, so zum Beispiel Mildred Hayes (Frances McDormand) und ihr Sohn Robbie (Lucas Hedges) die unweit von hier wohnen. Sieben Monate zuvor wurde an dieser Stelle Mildreds Tochter vergewaltigt und umgebracht, doch bis heute ist noch kein Täter ermittelt, nicht einmal ein Verdächtiger. So beschließt Mildred bei Red Welby (Caleb Laundry Jones), dem Leiter der Werbevertriebsfirma, die drei Plakatwände für ein Jahr zu mieten, um sie mit folgenden Sätzen beschriften zu lassen: „Raped While Dying“, „Still No Arrests?“, „How come, Chief Willoughby?“. Da auch der lokale Fernsehsender über die Aktion berichtet und Mildred zu verstehen gibt, dass die Polizei lieber damit beschäftigt ist, schwarze Mitbürger zu malträtieren, als richtige Polizeiarbeit zu leisten, werden die drei Plakatwände schnell zum großen Thema im kleinen Ebbing. „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ weiterlesen

T.C. Boyle – San Miguel

Neuerdings treffe ich immer Dienstag meine Freunde zum Dönerstag und weil das meist an der Altmarktgalerie stattfindet, kann man danach noch immer einen prima Besorgungsgang antreten. Und wenn man dabei beim Buchladen vorbeikommt, umso besser und dann noch besser: Wühltisch ist vorhanden und gefüllt! Dabei muss man eines feststellen: 95% des Wühltischangebotes sind nichtssagende Werke für mich, aber wenn man 100 Bücher durchgeht und die hat so ein Wühltisch locker, dann bleiben eben auch mal 5 Bücher hängen, wovon dann vielleicht eins gut genug ist, es tatsächlich für den angegebenen Sonder-Wühltischpreis zu erwerben. Diesmal fand ich T.C. Boyles „San Miguel“. Nachdem „América“ ja ein ziemlich guter Roman war, kann man da nicht viel falsch machen, dachte ich mir. „T.C. Boyle – San Miguel“ weiterlesen

Godless

created by: Scott Frank | Western Mini-Serie | 7 Folgen | 2017 auf netflix veröffentlicht

In den fernen Weiten des Westens liegt das Örtchen La Belle, indem es nicht mehr schön ist, seit den paar hundert Einwohnern, der Großteil der Männer, bei einem Grubenunglück abhanden gekommen sind. Sheriff Bill McNue (Scoot McNairy) ist mit seinem jungen Assistenten Whity Winn (Thomas Brodie-Sangster) einer der ganz wenigen verbliebenen des „starken Geschlechts“, doch seine nachlassende Sehkraft bringen ihm den Ruf eines Feiglings ein. So ist es Bills Schwester, Mary Agnes (Merritt Wever) die so etwas wie das ordnende Oberhaupt des Örtchens ist. Das Leben ist hart hier draußen, noch dazu ohne männliche Unterstützung, ohne das Einkommen der Miene, doch immer noch besser als in Creede, wo die Gangsterbande von Frank Griffin (Jeff Daniels) den Ort in Schutt und Asche legte. Diese tödliche Attacke ritt Griffin, weil es das Gerücht gab, das das ehemalige Bandenmitglied und neue Erzfeindbild Roy Goode (Jack O‘Connell), sich da versteckt halten würde. Doch Roy Goode ist entkommen und findet Unterschlupf bei der toughen Pferdezüchterin Alice Fletcher (Michelle Dockery), die in ihrem jungen Leben schon viel miterleben musste und außerhalb von La Belle lebt. Glücklicherweise kündigt sich im Kampf gegen Griffin Hilfe an, in Form von Marschall John Cook (Sam Waterstone). „Godless“ weiterlesen

The End of the F***ing World

Mini-Serie mit 8 Episoden | 2017 | Premiere auf Channel 4 (UK)

James (Alex Lawther) steht nur wenige Tage vor seinem 18.Geburtstag und er scheint sich in seinem Leben wirklich sicher nur darüber zu sein, dass er Psychopath und von der Idee besessen ist, mehr als nur kleine Tiere umzubringen. Da taucht Alyssa (Jessica Barden) in seinem Leben auf, genauer gesagt in beider Schule. Sie wiederum ist ziemlich genervt von ihrem Leben, dem Konformismus ihrer Mitschüler und vor allem vom neuen Mann ihrer Mutter, der ihr Zwillinge schenkte, aber für Alyssa nichts übrig hat. Da ist ein stiller und eher sein eigenes – irgendwie schräges – Ding machender Junge wie James, einen Versuch Wert angesprochen zu werden. James wiederum sieht in Alyssa ein ideales Opfer für seine psychopathischen Fantasien. Aber irgendwie kommt er nicht wirklich dazu, denn bevor sich beide versehen, laufen sie von zu Hause weg und ihrer Zukunft entgegen, die bald daraus besteht auf der Flucht zu sein. „The End of the F***ing World“ weiterlesen

Top of the Lake

created by: Jane Campion, Geraerd Lee | 2013-2017| 2 Staffeln | Premiere auf dem Sundance Channel (in Dtl. auf ARTE)

Elisabeth Moss gehört ohne Zweifel zu den besten Serien-Schauspielerinnen unserer Zeit (insofern es überhaupt eine besondere Unterteilung des Schauspielberufs in dieser Richtung geben kann, aber tatsächlich ist sie mir eigentlich nur aus Serien bekannt). Wenn es dann noch um eine ziemlich gelobte Krimi-Serie in Neuseeland geht, dann weckt dies einige Erwartungen. „Top of the Lake“ weiterlesen

Lady Bird

Jahr: 2017 | Regie und Drehbuch: Greta Gerwig | Länge: 95min | Location: Sacramento

Jeder schrammt durch seine Adoleszenz irgendwie anders durch und doch ist sie für viele im Großen und Ganzen gleich. Man lernt, dass es so etwas wie Unabhängigkeit von den Eltern gibt, das man sich verlieben kann und vor allem, dass das Leben vor einem liegt und man nun loslaufen kann, weil man irgendwie alt genug ist, allein seine Runden zu drehen. Dabei sind die Vorgehensweisen natürlich unterschiedlich.

Christine McPherson (Saoirse Ronan) hat mit ihren 17 Jahren beschlossen, dass der Name „Lady Bird“ viel besser zu ihr passt als der von ihren Eltern gegebene und möchte von nun an auch so genannt werden. Das letzte Jahr der Highschool ist dafür da, ihre Freiheit auszutesten. Sie will ihre Kreativität ausleben, sich verlieben und ihre Sicht auf die Dinge in der Welt finden. Das alles unterscheidet sie nicht wirklich von ihren Mitschülern an der katholischen Schule in ihrer Heimatstadt Sacramento, nur vielleicht insofern, dass Lady Bird den Ort als sehr provinziell ansieht und lieber ins glitzernde und trendige New York gehen würde. Das sieht ihre Mutter Marion (Laurie Metcalf) gar nicht gern. Erstens hat die Familie finanziell den Gürtel enger zu schnallen, weil der Job von Vater Larry (Tracy Letts) alles andere als gut läuft und zweitens möchte sie doch nur sehen, dass ihre Tochter mehr aus ihrem Leben herausholen kann, als nur ein rebellischer Teenager zu sein. „Lady Bird“ weiterlesen

Haruki Murakami – Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Es ist schon Ende Januar als ich im Haus des Buches stehe und noch einen 10€ Weihnachtsgutschein für ein Buch ausgeben kann. Ein Roman wäre gut, die Frage ist nur, von wem? Und so fällt mein Blick auf die lange Aufreihung von Murakami Büchern. Warum nicht? „Haruki Murakami – Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt“ weiterlesen

David Schalko – Frühstück in Helsinki

Mittagspause. Ich habe noch einen Gutschein vom Thalia und wandle durch die Altmarktgalerie als ich beim Hugendubel vorbeikomme. Falscher Buchladen, aber Wühltisch! Mal nachsehen, 3,99 sind ein verlockender Preis. Lange nichts, doch plötzlich…David Schalko! Wusste gar nicht, dass der auch schreibt, denn bisher war er mir nur als Genie hinter Serien wie „Braunschlag“ oder „Altes Geld“ bekannt.

Sein Romandebüt „Frühstück in Helsinki“ schrieb Schalko schon 1998, tatsächlich veröffentlicht wurde der Roman aber erst 2006, was für ein „juveniles Werk viel zu spät ist“, wie der Autor selbst bemerkt. Und es ist wirklich so, dass diesem Roman sowohl der Witz, als auch die gelungene Komposition fehlen, welche die bekannten Fernsehformate von Schalko auszeichnen. „David Schalko – Frühstück in Helsinki“ weiterlesen

Raymond Carver – Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden

Als ich vor einigen Wochen Judith Herrmanns „Sommerhaus, später“ beendete, las ich im Nachgang davon, dass sie sich stark von Raymond Carver inspiriert fühlte, der als einer der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Shortstory des 20. Jahrhunderts gilt. Also sagte ich mir in einem Anfall von heimatlicher Herablassung, warum nicht mal das amerikanische Original lesen!
Die 17 Kurzgeschichten von „Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden“ erschienen 1981 im Original. Tatsächlich ist eines der auffallendsten Merkmale der Geschichten ihre Kürze, beispielsweise erreicht die Story „Ruhe“ nur 5 Seiten. Dafür verantwortlich ist übrigens Carvers Verleger Gordon Lish, der die Geschichten nicht nur teilweise recht dramatisch (bis zu 50%) gekürzt haben soll, sondern sie auch stets auf das für die Erzählform typische offene Ende hin bearbeitet hat. Und so wird man als Leser stets in einen Handlungsrahmen geworfen, der sich wie ein impressionistisches Bild anfühlt, auf dem mit eher minimalen Mitteln ein kleiner Ausschnitt aus dem Alltag der Figuren erzählt wird. Niemals geht es um spektakuläre und komplex verwobene Handlungsstränge, sondern um die Einfachheit des Lebens, die aber immer wieder große Interpretationsspielräume ermöglicht, was dann wiederum an die Gemälde Hoppers erinnert. „Raymond Carver – Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden“ weiterlesen